Künstliche Intelligenz: Die Maschinen lernen jetzt selbst

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Stefan Mueck (IBM Deutschland) erörterte, wie Supercomputer Watson auch Juristen hilfreich sein könnte

Die Nachricht hat in diesem Frühjahr für Schlagzeilen gesorgt. Das Computerprogramm AlphaGo, das von Google DeepMind entwickelt wurde, hat in gleich mehreren Partien, den Champion in diesem äußerst komplexen Brettspiel geschlagen. Und das IBM Computerprogramm Watson ist inzwischen in der Lage auch den Inhalt von Bildern zu erfassen. Dabei ist es erst fünf Jahre her, dass Watson gegen die besten Teilnehmer der US-Quizshow Jeopardy antrat – und gewann. Die Beispiele verdeutlichen es: Künstliche Intelligenz ist auf dem Vormarsch.

Everything 4.0 - Künstliche Intelligenz auf dem Vormarsch war das Thema von Prof. Dr. Sabina Jeschke
Everything 4.0 – Künstliche Intelligenz auf dem Vormarsch war das Thema von Prof. Dr. Sabina Jeschke

Systeme, die komplexe Sinnzusammenhänge verstehen, werden auch vor juristischen Aufgaben nicht halt machen, da waren sich die Experten auf dem Anwaltszukunftskongress, der am 2. und 3. September in Köln stattfand, einig. „Wir stehen vor einem dramatischen Durchbruch“, beschrieb Prof. Dr. Sabina Jeschke, Prodekanin der Fakultät für Maschinenwesen der RWTH Aachen den aktuellen Entwicklungsstand. Die bisher bestehende „Master-Slave“- Beziehung zwischen Mensch und Maschine werde aufgehoben. „Die Maschinen lernen jetzt selbst“, so Jeschke, und könnten sogar kreativ sein, eine Fähigkeit, die man bislang ausschließlich dem Menschen zugeschrieben hat.

Dr. Dirk Gratzel stellte eine Sprachanalysesoftware vor, die Recuitern Rückschlüsse auf die Persönlichkeit des Bewerbers geben soll
Dr. Dirk Gratzel stellte eine Sprachanalysesoftware vor, die Recuitern Rückschlüsse auf die Persönlichkeit des Bewerbers geben soll

Einen interessanten Einblick, was heute bereits mit hochmoderner Computersoftware alles möglich ist, gewährten Dr. Dirk Gratzel, CEO der Psyware GmbH, und Stefan Mueck, CTO des Cognitive Solutions Team der IBM Deutschland. Die Psyware GmbH in Aachen entwickelt Software für die automatisierte Sprachanalyse. Sie soll helfen, bessere Rückschlüsse auf die Persönlichkeit, die Emotionen und die psychische Konstitution eines Menschen zu ziehen, kann aber auch dazu dienen, die kommunikativen Fähigkeiten zu verbessern. Für die Software gibt es vielfältige Einsatzmöglichkeiten, zum Beispiel beim Recruiting. „Anwälte können die Software beispielsweise nutzen, um herauszufinden, was die Mandanten wirklich wollen“, erklärt Gratzel, der selbst Jurist ist.

Eine andere Art der Unterstützung bietet der Assistent Watson von IBM. Das System ist beispielsweise in der Lage, Schlüsse aus einer Krankenakte zu ziehen, indem es in ungeheurer Schnelligkeit eine Vielzahl gleichgearteter Fälle, Aufsätze und Forschungsergebnisse auswertet und auf diese Weise zu einer sehr fundierten Analyse kommt. Das IBM-System lässt sich nach den eigenen Bedürfnissen aus verschiedenen Bausteinen zusammenstellen und kann vom Anwender selbst „trainiert“ werden, erläuterte IBM-Manager Mueck. Erfahrungen über den Einsatz künstlicher Intelligenz in Anwaltskanzleien existieren bereits mit „Ross“, ebenfalls eine IBM-Entwicklung. „Das System leistet den Associates wertvolle Hilfe, zum Beispiel bei sehr komplexen Recherchearbeiten“, erklärt Mueck.

Künstliche Intelligenz wird nach den Worten der Experten in viele verschiedene Bereiche weiter vordringen. Dennoch würden Juristen aber nicht überflüssig. Vielmehr werde die fortschreitende Digitalisierung eine Vielzahl neuer Fragen und Rechtsprobleme aufwerfen. So lautete ein Fazit der Veranstaltung. Und darauf müsse der Mensch und nicht die Maschine eine Antwort finden.

Lesen Sie auch den ersten Teil unseres Kongressrückblicks.

Bildrechte: Tobias Vollmer – fotojetzt.de