Anwälte befürworten Musterfeststellungsklage

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Die deutsche Anwaltschaft befürwortet die Möglichkeiten der Kollektivklage. Nach einer Befragung des Soldan Instituts unter 1.179 Anwältinnen und Anwälten begrüßen 51 Prozent der Befragten die Einführung der so genannten Musterfeststellungsklage. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf hat das Bundeskabinett am 9. Mai 2018 beschlossen. Bereits zum 1. November 2018 soll das Gesetz in Kraft treten.

Danach sollen „anerkannte und besonders qualifizierte“ Verbraucherverbände künftig die Ansprüche in einem einzigen Gerichtsverfahren verbindlich klären können, soweit mindestens zehn Verbraucher in gleichartiger Art und Weise geschädigt worden sind. Die Klage wird in einem Klageregister eingetragen und bekannt gemacht. Melden sich innerhalb von zwei Monaten mindestens 50 Verbraucher an, wird das Verfahren durchgeführt. Mit der Anmeldung im Klageregister verhindern die Betroffenen zugleich die Verjährung ihrer möglichen Ansprüche.

18 Prozent der Befragten geht die von der Bundesregierung vorgeschlagene Möglichkeit einer Musterfeststellung von Ansprüchen nicht weit genug, sie sprechen sich für die Zulässigkeit einer darüber hinaus gehenden kollektiven Rechtsdurchsetzung nach dem Vorbild ausländischer Rechtsordnungen aus. Allerdings halten immerhin auch 31 Prozent der Befragten der Studie zufolge die Einführung der Musterfeststellungsklage für überflüssig.

Besonders umstritten in der bisherigen rechtspolitischen Diskussion ist die Klagebefugnis zur Erhebung einer Musterfeststellungsklage. Nach der Untersuchung des Soldan Instituts sieht die Mehrheit der Rechtsanwälte die im Gesetzentwurf vorgesehene Beschränkung der Klagebefugnis auf Verbraucherverbände kritisch: 54 Prozent der Befragten sprachen sich dafür aus, dass auch (anwaltlich vertretene) adhoc-Interessengemeinschaften klagebefugt sein sollten. Immerhin 30 Prozent befürworteten aber die Beschränkung auf Verbraucherverbände. „Es ist erstaunlich, dass sich ein relativ großer Anteil der Anwälte für den für sie eher ungünstigeren Vorschlag ausspricht“, stellt der Direktor des Soldan-Instituts Prof. Dr. Matthias Kilian fest, der an der Universität Köln lehrt und forscht. Das könnte nach seiner Einschätzung darauf zurückzuführen sein, dass viele Rechtsanwälte nicht mehr für Verbraucher tätig werden und sie in den neuen Instrumenten kollektiver Rechtsdurchsetzung eher Risiken für die von ihnen „bevorzugt betreute unternehmerische Mandantschaft“ sehen.

 

Ansprechpartner Institut:
Prof. Dr. Matthias Kilian
Soldan Institut
Weyertal 59
50937 Köln
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Fax: 0221 5481 1125
Mobil: 0172 63 93 699
kilian@soldaninstitut.de

 

Pressekontakt:
Nina Grubbert
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Über das Soldan Institut:

Das Soldan Institut wurde 2002 als unabhängige Forschungseinrichtung gegründet. Ziel des von einem gemeinnützigen Verein getragenen Instituts ist die Erforschung der Strukturentwicklung der Anwaltschaft und der sich hieraus ergebenden Bedingungen für eine erfolgreiche und zukunftsorientierte Tätigkeit von Anwaltskanzleien. Das Institut betreibt eigene empirische Anwaltsforschung, deren Ergebnisse Rechtsanwälten, Institutionen der deutschen Anwaltschaft, politischen Entscheidungsträgern, Wissenschaftlern und einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Der gemeinnützige Trägerverein des Instituts wird von der Hans Soldan Stiftung, dem Deutschen Anwaltverein, der Bundesrechtsanwaltskammer und Wolters Kluwer Deutschland unterstützt. Der Institutsdirektor, Prof. Dr. Matthias Kilian, ist Inhaber einer Professur u.a. für Anwaltsrecht und anwaltsorientierte Juristenausbildung der Universität zu Köln.