Der Rechtsdienstleistungsmarkt wächst nach wie vor, wenn auch etwas langsamer als in den Vorjahren. Davon profitieren vor allem die niedergelassenen Rechtsanwältinnen und -anwälte. Ihr rechnerischer Pro-Kopf-Umsatz ist seit 2018 stärker gewachsen als der Markt. Das berichtete Prof. Dr. Matthias Kilian, Direktor des Soldan Instituts und des Instituts für Anwaltsrecht an der Universität zu Köln, in seiner Analyse des Anwaltsmarktes 2025 auf dem diesjährigen Deutschen Anwaltstag in Berlin. Der befürchtete Wettbewerbsdruck durch alternative Rechtsdienstleister, die sich zumeist als Legal Tech-Anbieter vermarkten und als Inkassodienstleister registriert sind, sei seinen Beobachtungen zufolge auf den Gesamtmarkt jenseits von Nischen eher gering.
Mit Sorge betrachtet Kilian jedoch, dass die Zahl der in einer Kanzlei niedergelassenen Anwältinnen und Anwälte nun bereits im neunten Jahr in Folge abnimmt. Seit 2017 ist ihre Zahl von 154.683 um 10,3 Prozent auf 138.715 gesunken. „Wenn sich dieser Rückgang im bisherigen Umfang fortsetzt, wird die niedergelassene Anwaltschaft bis 2036 um rund ein Viertel geschrumpft sein“, warnt der Berufsforscher.
Der Rückgang hat unterschiedliche Gründe: Die Abgänge bei der niedergelassenen Anwaltschaft beruhten ganz überwiegend auf Zulassungsverzichten. Aber weniger als die Hälfte der Betroffenen gibt nach den Worten von Kilian die Zulassung aus Altersgründen zurück. Vielmehr wechseln immer mehr Rechtsanwälte nach einigen Jahren in einer Kanzlei als Syndikusrechtsanwalt in die Rechtsabteilung eines Unternehmens oder gehen als Jurist in den öffentlichen Dienst. Zudem wollen immer weniger Assessoren nach dem zweiten Staatsexamen Rechtsanwalt werden. Der Zulauf zu Anwaltschaft hat sich auch verschlechtert, weil Studium und Ausbildung häufiger abgebrochen werden.
Ein zentraler Grund für die problematische Entwicklung der Anwaltszahlen liegt für Kilian darin, dass die Anwaltschaft bislang keine hinreichenden Konzepte entwickelt hat, um den Beruf für Assessorinnen attraktiv zu machen. Das gilt vor allem für die niedergelassene Anwaltschaft. Während die Jura-Studentinnen am Anfang des Studiums mit rund zwei Dritteln die Mehrheit stellen, bilden sie in der niedergelassenen Anwaltschaft nur noch eine Minderheit von 35 Prozent, bei den Anwaltsnotaren sogar nur von 24 Prozent. „Assessorinnen entscheiden sich seltener als ihre Kollegen für einen Berufsstart in der Anwaltschaft, verlassen diese häufiger bereits nach wenigen Jahren Berufstätigkeit und wechseln häufiger in die Syndikusrechtsanwaltschaft“, stellt Kilian fest. „Die mangelnde Attraktivität des Berufs und seiner Rahmenbedingungen für Frauen gefährdet angesichts des hohen Anteils von Frauen unter den Nachwuchsjuristen die Zukunftsfähigkeit der niedergelassenen Anwaltschaft.“ Mittelfristig wird sich das Problem der rückläufigen Anwaltszahlen sogar noch verschärfen, wenn die stark besetzten Jahrgänge ab 2035 in den Ruhestand treten. Die nachrückenden jüngeren Jahrgänge haben nach den Untersuchungen des Soldan Instituts nur eine Stärke von 50 bis 60 Prozent der älteren Jahrgänge. Es deutet auch nichts darauf hin, dass die Zahl der Referendarinnen und Referendare sowie derjenigen, die jetzt das Jurastudium beginnen, an dieser Entwicklung etwas ändern können. Die Folgen sind alarmierend: Schon jetzt wirken sich die rückläufigen Anwaltszahlen vor allem in Regionen aus, in denen vorwiegend kleine und mittelständische Kanzleien tätig sind, die wiederum überproportional häufig Verbraucher vertreten. Darüber hinaus führen sinkende Anwaltszahlen dazu, dass der Wettbewerbsdruck im Markt abnimmt. Anwältinnen und Anwälte werden es sich häufiger