DAV fördert mit Plattform zur Intervision den Austausch unter Kollegen

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Den Mitgliedern der örtlichen Anwaltvereine bietet der Deutsche Anwaltverein (DAV) jetzt neue Möglichkeiten, sich gegenseitig bei der Berufsausübung zu unterstützen. Seit Mitte März ist die DAV-Plattform zur Intervision aktiv. Sie ist auf der Homepage des DAV über den geschützten Mitgliederbereich erreichbar. Im Folgenden erklärt DAV-Hauptgeschäftsführerin Dr. Sylvia Ruge, was sich hinter diesem Projekt verbirgt.

Was versteht man eigentlich unter dem Begriff „Intervision“?

Dr. Sylvia Ruge: Bei einer Intervision handelt es sich um die kollegiale Beratung auf Augenhöhe. Sie unterscheidet sich von der Supervision, die eher einem „Lehrer-Schüler-Verhältnis“ ähnelt.

Wie ist die Idee entstanden, den DAV-Mitgliedern eine Plattform zur Intervision anzubieten?

Dr. Sylvia Ruge: Als Medizinrechtlerin kenne ich die Intervision, da es sie bei den Ärzten und Therapeuten schon seit langem gibt. Die Beziehung zwischen Ärztin/Arzt beziehungsweise Therapeut:in und ihren Patienten ist von einem besonderen Vertrauensverhältnis geprägt; auch Einfühlungsvermögen und Empathie spielen eine wichtige Rolle. Da gibt es viele Parallelen zum Anwaltsberuf. Dieses besondere Verhältnis kann aber auch belastend sein. Dann ist es sehr hilfreich, wenn man sich mit Kollegen darüber austauschen kann und mit den Problemen nicht allein gelassen wird. Deshalb wollen wir dieses Instrument nun auch unseren Mitgliedern anbieten.

Also geht es nicht um konkrete fachliche Themen bei einem Mandat, sondern eher um Zwischenmenschliches?

Dr. Sylvia Ruge: Wenn alle in der Gruppe damit einverstanden sind, kann man auch einmal ein Rechtsproblem besprechen. Ansonsten geht es um alle möglichen Themen, die mit der Berufsausübung zusammenhängen: Rollen und Beziehungsverhältnisse, die schwierig sind im Umgang mit Mandanten, der Gegenseite oder einer Richterin oder einem Richter. Es kann um Herausforderungen im Berufsalltag gehen, etwa der Digitalisierung oder auch um Entscheidungskonflikte.

Inwieweit verträgt sich die Intervision mit den anwaltlichen Pflichten zur Verschwiegenheit und dem Verbot der Interessenkollision?

Dr. Sylvia Ruge: Für die Intervision gibt es klare Spielregeln. Alle Fälle dürfen nur anonymisiert vorgestellt werden. Sollte ein Beteiligter feststellen, dass er womöglich auf der Gegenseite steht, muss er diese Interessenkollision sofort melden. Dann darf über den Fall nicht weiter gesprochen werden.

Wie funktioniert ein Intervisionstreffen?

Dr. Sylvia Ruge: Es handelt sich – wie gesagt – um einen kollegialen Austausch, für die keine Teilnehmer:in eine zusätzliche Qualifikation benötigt. Gleichwohl gibt es verschiedene Rollen: eine(n) Organisator:in, die oder der die Gruppe anlegt, eine(n) Moderator:in, die oder der die Themen sammelt und darauf achtet, dass die Spielregeln eingehalten werden, eine(n) Prozessbeobachter:in und eine(n) Protokollanten/Protokollantin, die oder der zum Schluss auch stichpunktartig die Lösungsansätze festhält. Und natürlich gibt es diejenigen, die ihre Frage oder ihr Problem darstellen. Dabei muss man eines wissen: Eine Intervisionsgruppe ist nicht für eine einmalige Sitzung angelegt. Die Gruppe soll zusammenwachsen und sich regelmäßig treffen.

Wie lange dauert eine Sitzung und wie oft sollte sich eine Gruppe treffen?

Dr. Sylvia Ruge: Eine Sitzung dauert in der Regel zwischen zwei bis drei Stunden. Wie oft sich die Mitglieder treffen wollen, hängt von ihnen ab, aber sechs bis zwölf Mal im Jahr ist sicherlich sinnvoll. Wichtig ist auch, dass die Gruppe nicht zu groß ist. Mehr als zehn bis zwölf Teilnehmer sollten es nicht sein.

Inwieweit ist der DAV in das Projekt involviert?

Dr. Sylvia Ruge: Wir bieten die Plattform an, auf der sich die Mitglieder virtuell treffen. Wir haben Mitte März auch eine Schulung für Organisatoren durchgeführt. Das Schuldungsvideo sowie Checklisten stehen im Mitgliederbereich zur Verfügung.

Haben sich schon die ersten Gruppen gebildet?

Dr. Sylvia Ruge: Es sind schon eine Reihe von Gruppen angelegt worden. Die ersten wollen sich nach Ostern treffen. Das Interesse ist groß. Das haben wir auch an der Resonanz auf unseren Workshop gemerkt.

DAV-Hauptgeschäftsführerin Dr. Sylvia Ruge