Anwälte verbinden mit Legal Tech mehr Risiken als Chancen

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Die Chancen, von einer fortschreitenden Digitalisierung auf dem Rechtsberatungsmarkt selbst zu profitieren, schätzen Anwältinnen und Anwälte in Deutschland eher verhalten ein. Das geht aus den laufenden Befragungen zum Berufsrechtsbarometer 2017 des Soldan Instituts zu aktuellen Themen der Anwaltschaft hervor. Nur ein knappes Drittel der Befragten rechnet damit, dass sie der Einsatz von Software in juristischen Arbeitsprozessen (Legal Tech) von Routineaufgaben entlasten wird und sie sich beispielsweise stärker auf lukrative Mandate konzentrieren können. Nur 13 Prozent sind der Meinung, dass Legal Tech ihnen die Akquise oder Vermittlung neuer Mandate erleichtern könnte.

Weit mehr befürchten hingegen eher negative Auswirkungen. So schätzen 46 Prozent der Befragten, dass Legal Tech vor allem von Nicht-Anwälten genutzt werde und so Rechtsanwälte aus typischem Anwaltsgeschäft verdrängt werden könnten. „Als Bedrohung werden hier vor allem Plattformen gesehen, über die überwiegend Verbraucher Alltagskonflikte schnell und günstig beilegen können“, erklärt Prof. Dr. Matthias Kilian, Direktor des Soldan Instituts. „Immer wieder wird in diesem Zusammenhang betont, dass diese Angebote den Zugang der Bevölkerung zum Recht verbessern.“ Aber auch in diesem Punkt zeigen sich die Anwältinnen und Anwälte skeptisch, lediglich 13 Prozent der Befragten stimmen in diesem Punkt zu. Den Rationalisierungseffekt der Digitalisierung auf die Anzahl des Kanzlei-Personals halten die meisten ebenfalls für gering: Nur 16 Prozent erwarten, dass Legal Tech nicht-anwaltliches Hilfspersonal ersetzen wird.

Die Befragung zeigt allerdings Unterschiede in der Bewertung von Legal Tech in Teilgruppen der Anwaltschaft: Spezialisierte Rechtsanwälte schätzen die für sie möglichen positiven Effekte optimistischer ein als Generalisten. Das gilt genauso für jüngere Rechtsanwälte und Anwälte, die überwiegend gewerbliche Mandanten betreuen. Die Befragung zeigt aber auch, dass ein Drittel der Rechtsanwälte auf die Zukunftsherausforderungen schlecht vorbereitet ist: Sie haben sich nach eigenem Bekunden mit dem Thema Legal Tech bislang überhaupt noch nicht beschäftigt.

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Über das Soldan Institut:

Das Soldan Institut wurde 2002 als unabhängige Forschungseinrichtung gegründet. Ziel des von einem gemeinnützigen Verein getragenen Instituts ist die Erforschung der Strukturentwicklung der Anwaltschaft und der sich hieraus ergebenden Bedingungen für eine erfolgreiche und zukunftsorientierte Tätigkeit von Anwaltskanzleien. Das Institut betreibt eigene empirische Anwaltsforschung, deren Ergebnisse Rechtsanwälten, Institutionen der deutschen Anwaltschaft, politischen Entscheidungsträgern, Wissenschaftlern und einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Der gemeinnützige Trägerverein des Instituts wird von der Hans Soldan Stiftung, dem Deutschen Anwaltverein, der Bundesrechtsanwaltskammer und Wolters Kluwer Deutschland unterstützt. Der Institutsdirektor, Prof. Dr. Matthias Kilian, ist Inhaber einer Professur u.a. für Anwaltsrecht und anwaltsorientierte Juristenausbildung der Universität zu Köln.