Mehrheit der Anwaltschaft verlangt strengere Regeln für Legal Tech-Anbieter

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Die große Mehrheit der deutschen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte fühlt sich gegenüber nicht-anwaltlichen Legal Tech-Anbietern benachteiligt. Während sie strengen Berufsregeln unterliegen, müssen die zumeist auf Inkasso-Basis arbeitenden Rechtsdienstleister erheblich weniger Pflichten erfüllen. 71 Prozent der 2.770 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die das Soldan Institut im Rahmen des Berufsrechtsbarometers 2021 befragt hat, sehen darin einen gravierenden Wettbewerbsnachteil.

Zwar hat der Gesetzgeber mit dem im Oktober 2021 in Kraft getretenen Gesetz zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt („Legal Tech-Gesetz“) eine Angleichung der Wettbewerbsbedingungen angestoßen: leichte berufsrechtliche Lockerungen für die Anwaltschaft und zusätzliche Pflichten für die Inkasso-Dienstleister. Der Mehrheit der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte geht das aber nicht weit genug. So plädieren 72 Prozent der Befragten dafür, dass Legal Tech-Anbieter ähnliche Auflagen und Pflichten erfüllen müssen wie die Anwaltschaft. Lediglich eine Minderheit von 12 Prozent der Studienteilnehmer wünscht sich, dass ihr Berufsstand weniger reguliert werde. Innerhalb dieser kleinen Gruppe wird diese Auffassung eher von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten vertreten, die ihren Beruf im Angestelltenverhältnis ausüben oder in größeren Kanzleien arbeiten.

Die Befragungen zum Berufsrechtsbarometer des Soldan Instituts zeichnen somit ein deutliches Bild: Die große Mehrheit in der deutschen Anwaltschaft wünscht sich, dass sich die anwaltlichen Berufspflichten ebenfalls auf ihre neuen Wettbewerber im Rechtsdienstleistungsmarkt erstrecken. „Verzichtet die Politik auf solche Anpassungen, könnte sie das in Erklärungsnöte bringen“, sagt Prof. Dr. Matthias Kilian, Direktor des Soldan Instituts und des Instituts für Anwaltsrecht an der Universität zu Köln. „Eine tragfähige verfassungsrechtliche Rechtfertigung, warum strenge, dem Schutz wichtiger Gemeinwohlbelange dienende Regulierung für die Erbringung von Rechtsdienstleistungen nur Rechtsanwälte trifft, ist nicht ersichtlich.“