Ronja Tietje im Interview über neue Perspektiven in der Weiterbildung
Bislang gibt es für berufserfahrene ReNos und ReFas als bundesweit anerkannte Weiterbildung einzig und allein den Rechtsfachwirt oder die Rechtsfachwirtin. Über die Weiterqualifizierung zum „Bachelor Professional“ oder „Master Professional“ nach dem Berufsbildungsgesetz wurde zwar diskutiert, aber passiert ist über die Jahre eher wenig. Nun kommt Bewegung in diese Angelegenheit, berichtet Ronja Tietje, Vorstandsmitglied im Reno Bundesverband. Auf dem Deutschen Rechtsfachwirttag am 17. und 18. November 2023 in Kassel wird die geprüfte Rechtsfachwirtin und Notarfachwirtin über neue Perspektiven in der Weiterbildung sprechen.
Welche neuen Perspektiven gibt es auf der Weiterbildungsebene?
Ronja Tietje: Im Notarbereich nehmen der „Geprüfte Berufsspezialist“ und der „Bachelor Professional“ konkrete Formen an. Die Spitzenorganisationen auf Arbeitnehmer- und -geberseite haben entsprechende Anträge beim Bundeministerium für Bildung und Forschung gestellt. Derzeit werden Sachverständige benannt, die dann die Inhalte dieser Weiterbildungsstufen definieren und eine entsprechende Verordnung entwerfen werden. Ich gehe davon aus, dass es in Deutschland in ein bis eineinhalb Jahren diese beiden Fortbildungen für Notarfachangestellte geben wird.
Und welche Möglichkeiten gibt es für die Rechtsanwaltsfachangestellten?
Hier stimmt sich die Bundesrechtsanwaltskammer derzeit mit ihren örtlichen Kammern ab. Es sind noch keine Anträge gestellt worden.
Wie wird sich der „Bachelor Professional“ im Notarbereich von der geprüften Rechtsfachwirtin unterscheiden?
Der Bachelor Professional wird etwas Neues sein und andere Inhalte als die Fortbildung zum Rechts- oder Notarfachwirt abdecken. Die Digitalisierung der Kanzleiabläufe wird bei dem Bachelor eine große Rolle spielen sowie die Managementaufgaben in einer modernen Kanzlei. Diese Aspekte sollen deutlich stärker berücksichtigt werden als bei der heutigen Fortbildung zum Rechts- bzw. Notarfachwirt. Die Ausbildungsverordnung für die ReNoPat-Berufsgruppe ist 2015 neu geordnet worden und stellt somit eine moderne Erstausbildung dar. Das wollen wir nun auch bei der Weiterbildung fortführen.
Wird der „Bachelor Professional“ den geprüften Rechtsfachwirt / Rechtsfachwirtin ersetzen?
Es ist geplant, dass beide Titel weiterhin nebeneinander existieren. In der Praxis wird es wohl darauf hinauslaufen, dass der Bachelor Professional sich durchsetzen wird. Wir müssen uns deshalb auch eine Übergangslösung für all jene überlegen, die gerade mit der bundesweit anerkannten Fortbildung zum Rechtsfachwirt / Rechtsfachwirtin begonnen haben.
Inwiefern unterscheidet sich die Fortbildung zum geprüften Berufsspezialisten von dem Bachelor Professional?
Der Bachelor Professional will für die mittlere Führungsebene in einer Kanzlei qualifizieren. Themen wie Personal, Controlling, Management und Organisation werden Inhalte der Weiterbildung sein. Beim geprüften Berufsspezialisten wird der Schwerpunkt der Weiterbildung bei der Vertiefung des bisherigen Fachwissens liegen. Diese Fortbildung ist für Kanzleimitarbeitende gedacht, die zwar keine Position auf mittlerer Führungsebene in der Kanzlei anstreben, aber in ihrem Arbeitsbereich dazu lernen wollen.
Wo liegen Ihrer Meinung nach momentan die größten Hürden, damit der Bachelor Professional und der geprüfte Berufsspezialist im Notarbereich auch in absehbarer Zeit an den Start gehen kann?
Zum einen werden sich private Institutionen in Zusammenarbeit mit den örtlichen Notarkammern rechtzeitig um das Weiterbildungsangebot kümmern müssen. Das wird meiner Meinung nach eher unproblematisch sein, da sicher vielfach auf bewährte Referenten/innen zurückgegriffen werden kann. Schwieriger wird es werden, auf Arbeitnehmer- und -gebeseite ausreichende Prüfer für die ehrenamtlichen Aufgaben in den örtlichen Prüfungsausschüssen zu finden, die Zeit und Lust haben sich dem Ehrenamt zu widmen und sich zudem auch mit den neuen Prüfungsinhalten auskennen müssen.