Mehrheit in der Anwaltschaft spürt bislang kaum Konkurrenz durch Legal Tech

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Lediglich 14 Prozent der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte spüren bislang, dass sich die Aktivitäten von Legal Tech-Anbietern auf ihr Mandatsgeschäft auswirkt. Das geht aus Erhebungen zum Berufsrechtsbarometer 2021 des Soldan Instituts hervor. Es wurden 2.362 Anwältinnen und Anwälte befragt, wie sie den Wettbewerb mit Legal Tech-Anbietern auf dem Rechtsberatungsmarkt empfinden. Die empirischen Befunde sind vor allem vor dem Hintergrund des so genannten Legal Tech-Gesetzes interessant, das am 1. Oktober 2021 in Kraft getreten ist. Es soll die unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen zwischen stark regulierter Anwaltschaft und Legal Tech-Inkassoanbietern beseitigen.

Von den 14 Prozent der Befragten, die überhaupt Auswirkungen bemerken, berichteten zwei von dreien von einem rückläufigen Mandatsaufkommen. Vor allem Generalisten sind davon betroffen sowie Anwälte, die genau in den Nischen tätig sind, in denen auch Legal Techs agieren, etwa in bestimmten Bereichen des Arbeits-, Miet- oder Sozialrechts. Das andere Drittel hingegen verzeichnet sogar positive Effekte im Mandatsgeschäft.

Prof. Dr. Matthias Kilian, Direktor des Soldan Instituts und Professor für Rechtswissenschaften an der Universität zu Köln, führt das auf verschiedene mögliche Ursachen zurück: Zum einen generieren Legal Tech-Anbieter auch Mandate, die sie selbst nicht bearbeiten können oder wollen, etwa weil Fälle nach einer erfolglosen außergerichtlichen Bearbeitung weiter an das Gericht gehen. Zum anderen profitieren diejenigen Kanzleien, die die beklagten Unternehmen vertreten, von einem wachsenden Geschäft, zum Beispiel bei den Dieselklagen. Darüber hinaus gibt es auch Legal Tech-Anbieter, die sich auf die Akquisition und Weiterleitung von Mandaten beschränken. 

Es fällt ebenfalls auf, dass das Alter der Befragten einen großen Einfluss darauf hat, wie der Wettbewerb mit den neuen Markt-Teilnehmern empfunden wird. Nach Angaben des Soldan Instituts berichteten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte bis 40 Jahre deutlich häufiger von einer positiven als von einer negativen Mandatsentwicklung.

Anwältinnen und Anwälte zwischen 61 und 70 Jahren stellten dafür am häufigsten einen negativen Trend fest. „Denkbar ist, dass  jüngere Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte stärker für sich die Chancen nutzen, die Legal Tech-Anbieter auch für den Rechtsdienstleistungsmarkt eröffnen“, sagt Kilian. Darüber hinaus seien die jüngeren überproportional in größeren Wirtschaftskanzleien tätig, die als Beklagtenvertreter der Unternehmen auf der anderen Seite der Legal Techs stehen.