Die große Mehrheit der deutschen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte lehnt eine Beteiligung von externen Kapitalgebern an ihrer Kanzlei ab. Fast zwei Drittel haben sich laut einer Umfrage des Bundesjustizministeriums gegen eine Lockerung des Fremdbesitzverbotes ausgesprochen. Sie befürchten, dass durch die Aufnahme reiner Kapitalgeber als Gesellschafter die anwaltlichen Kernpflichten, insbesondere die Unabhängigkeit, gefährdet werden könne.
An der Befragung des Bundesjustizministeriums haben insgesamt 7.598 Anwältinnen und Anwälte aus allen Bundesländern teilgenommen, wobei mit knapp 60 Prozent die Einzelanwältinnen und -anwälte die größte Gruppe darstellen. Sie stehen den Lockerungen auch besonders skeptisch gegenüber. Aufgeschlossener zeigen sich hingegen Partnerinnen und Partner sowie angestellte Anwältinnen und Anwälte von mittleren und größeren Kanzleien. Wie das Bundesjustizministerium mitteilt, begrüßen 6,8 Prozent eine Lockerung des Fremdbesitzverbotes, um nicht zuletzt im internationalen Vergleich wettbewerbsfähig zu bleiben, etwas mehr (7,2 Prozent) halten das sogar für erforderlich. Knapp ein Drittel vertritt die Auffassung, dass der Kapitalbedarf auch anders gedeckt werden kann.
Das Bundesjustizministerium hatte diese Umfrage initiiert, weil durch die digitale Transformation der Investitionsbedarf in den Kanzleien deutlich zugenommen hat. Zudem läuft ein EuGH-Verfahren zur Vereinbarkeit des Fremdbesitzverbotes mit den europarechtlichen Vorgaben (Vorlageverfahren des Bayerischen Anwaltsgerichtshofs, Beschluss vom 20.4.2023 III-4-20/21). Der Umfrage zufolge wollen knapp 30 Prozent der Befragten mehr in die die Digitalisierung ihrer Kanzlei investieren. Dabei spielen die Digitalisierung von Kanzleistrukturen und Softwarelösungen eine große Rolle, aber auch eine umfassende Integration von KI-Anwendungen. Allerdings sehen auch 36 Prozent der Befragten keinen Bedarf für solche Investitionen.