Dieser Betrugsfall war besonders dreist: Auf der sorgfältig gestalteten Homepage der vermeintlichen Rechtsanwaltskanzlei „Rothschild & Partner“ warben die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte mit ihrer Expertise in Sanierungsfragen und im Insolvenzrecht. Allerdings gab es die Kanzlei gar nicht, die Kollegen, die dort angeblich als vertretungsberechtigte Partnerinnen und Partner aufgeführt wurden, gibt es aber schon – nur sind sie in einer wirklich existierenden Kanzlei tätig. „In diesem dreisten Fall wurden Fotos und Namen von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, teils kombiniert mit anderen Namen und Bildern und teils übereinstimmend, missbräuchlich verwendet“, berichtet Rechtsanwalt
Sebastian Aurich, Referent für Datenschutzrecht bei der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK). Sogar vor bekannten Namen aus dem Kreis der Insolvenzverwalter machten die Betrüger nicht halt. Auch die Partnerschaftsregisternummer der angeblichen Kanzlei „Rothschild & Partner“ gab es – allerdings gehört diese zur Kanzlei Görg Partnerschaft von Rechtsanwälten mbH.
Die Fake-Kanzlei „Rothschild & Partner“ ist leider kein Einzelfall. „Quandt & Partner“, „Kanzlei-Alex“, „Kanzlei Lüpertz“, „Schmitt und Partner Rechtsanwälte PartG“ sind weitere falsche Kanzleien. Inzwischen vergeht kaum ein Monat, in dem die BRAK oder die regionalen Kammern nicht vor solchen Betrügereien warnen. In den meisten Fällen werden Güter aus einer Insolvenz zu deutlich günstigen Preisen angeboten. Die angebotenen Maschinen, Anlagen oder Fahrzeuge gibt es aber genauso wenig wie die Kanzleien, die diese anbieten. Um das Misstrauen der potenziellen Opfer zu zerstreuen, wird sogar manchmal noch ein gefälschter Beschluss des Amtsgerichtes über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens dem Angebotsschreiben beigefügt. „Im Fall der Fake-Kanzlei „Quandt & Partner“ handelte es sich um eine wirklich überzeugende Fälschung eines Insolvenzbeschlusses des Amtsgerichts Köln“, sagt Aurich. In anderen Fällen haben nicht existente Kanzleien wie die „Schirmer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH“ Forderungsschreiben an Unternehmen geschickt, in denen diese wegen angeblicher Verstöße gegen die Datenschutz-Grundverordnung zur Kasse gebeten werden.
Bei der BRAK kann man nicht abschätzen, wie viele Unternehmen oder Verbraucher bereits auf diese Betrugsmasche hereingefallen sind. Allerdings scheint diese nicht ganz aussichtslos zu sein, denn es werden derzeit immer mehr Fake-Kanzleien gemeldet. „Das liegt möglicherweise auch daran, dass dieses Phänomen immer mehr ins Bewusstsein rückt“, sagt Aurich. So mahnen die Kammern, aber auch die von derartigem Identitätsmissbrauch betroffenen (Insolvenzrechts-)Kanzleien vermehrt zur Wachsamkeit und Vorsicht. Empfänger, die Angebote aus Insolvenzverkäufen oder merkwürdige Forderungsschreiben erhalten, sollten misstrauisch sein und zunächst über das Bundesweite Amtliche Anwaltsverzeichnis (BRAV) prüfen, ob die im Schreiben genannten Anwältinnen und Anwälte auch wirklich in Deutschland zugelassen sind. Aber selbst, wenn die Personen dort aufgeführt werden, ist noch keine absolute Sicherheit garantiert. So ist Aurich ein Fall bekannt, in dem der Handelsregistereintrag einer tatsächlich existierenden Gesellschaft mit dem ihres tatsächlich als Anwalt zugelassenen und im BRAV eingetragenen Geschäftsführers übereinstimmte. Es handelte sich um die RDO Rechtsanwaltsgesellschaft mgH in Frankfurt am Main. „Bei der nahezu vollständigen Identitätsübernahme beziehungsweise -ausnutzung helfen auch der Handelsregistereintrag und das BRAV nicht weiter“, sagt Aurich. Er empfiehlt den Kolleginnen und Kollegen, Kontakt in solchen Fällen über das beA aufzunehmen oder bei der zuständigen Kammer nachzufragen.