Work-Life-Balance ist wichtiger als das Gehalt

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Vereinbarkeit von Beruf und Privatem ist das zentrale Thema bei der Suche nach Nachwuchskräften. Auf dem Anwaltszukunftskongress in Köln beschäftigen sich Experten auch mit innovativen Recruitingstrategien.

Jahr für Jahr drängen junge Juristen auf den Arbeitsmarkt. Und dennoch fällt es den Kanzleien schwer, geeigneten juristischen Nachwuchs zu finden. Heiß umworben sind seit vielen Jahren die Top-Absolventen: Sie können zweistellige Punktzahlen im ersten und zweiten Staatsexamen vorweisen, sprechen mindestens fließend Englisch und haben neben einer Promotion auch einen Masterabschluss im Ausland absolviert. Vor allem große internationale Sozietäten locken diese Top-Nachwuchskräfte mit immer höheren Einstiegsgehältern.

Recruiting-Experten wie Dominik Schütte sehen diese Entwicklung zunehmend kritisch. „Der Wettbewerb unter den Anwaltskanzleien nimmt immer stärker zu. Heute sind viele Mandanten nicht mehr bereit, die hohen Stundensätze zu zahlen und rechnen vermehrt über Pauschalen ab“, sagt der Senior Consultant bei Taylor Root, einer internationalen Personalberatung, die sich auf die Vermittlung von Rechtsanwälten, Juristen und Compliance Fachkräften spezialisiert hat. „Demzufolge wird es für die Kanzleien zunehmend schwerer, die hohen Einstiegsgehälter der Nachwuchskräfte entsprechend wieder einzuspielen.“

Beruf und Privates vereinbaren

Ein Umdenken bei den Recruitingstrategien halten Experten aber auch aus einem anderen Grund für notwendig. Zunehmend verliert bei den Nachwuchskräften ein hohes Gehalt seinen Reiz. Für die kommenden Generationen besitzt neben der Arbeit vor allem auch das Privatleben einen hohen Stellenwert, heißt es in der Zukunftsstudie, die der Deutsche Anwaltverein herausgegeben hat. Auch die Berater von Taylor Root stellen fest, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Privatem für  Nachwuchskräfte immer wichtiger wird. „Generell sind Berufseinsteiger von heute durchaus bereit, viel zu arbeiten. Sie legen aber zumindest großen Wert auf eine gewisse Planbarkeit und die Möglichkeit, Beruf und Privates miteinander verbinden zu können. Dies äußert sich zum Beispiel in der Flexibiliät und Offenheit einer Kanzlei, morgens das Kind in den Kindergarten bringen oder zwischendurch zum Sport gehen zu können“, sagt Benedikt von Kontz, ebenfalls Berater bei Taylor Root. Dies erfordert entsprechende Angebote von Kanzleien, etwa flexible Arbeitszeit- und Beschäftigungsmodelle, zum Beispiel Arbeiten im Home Office.

Technische Lösungen möglich

Technisch ist es längst möglich, auch außerhalb der Kanzlei zu arbeiten und von verschiedenen Orten auf die Mandantenakten zuzugreifen. „Vor allem ältere Partner unterschätzen die Möglichkeiten der neuen Technik und die Vorteile, die sie auch im Hinblick auf eine Flexibilisierung der Arbeit bieten“, sagt Taylor-Root-Consultant Schütte. Nach den Thesen der DAV-Zukunftsstudie werden Kanzleien in der Zukunft zu großen Teilen ausschließlich virtuell arbeiten und so die „Entlokalisierung“ der Anwälte vorantreiben. Für die Rekrutierung junger Talente, die flexibel arbeiten möchten, ist das auf jeden Fall verlockend.

Benedikt von Kontz und Dominik Schütte referieren zum Thema „Die Zukunft des Legal Recruiting – So werden Top-Juristen gesucht und gefunden“ auf dem Anwaltszukunftskongress am 2. und 3. September in Köln. Diese Tagung, die Soldan gemeinsam mit Wolters Kluwer Deutscland veranstaltet, widmet sich dem wichtigen Thema der Zukunft des Rechtberatungsmarktes und den Veränderungen durch die voranschreitende Digitalisierung.

 

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