„Die Zukunft ist schneller da, als viele denken“

0
2798

Die angestrebte Digitalisierung des Zivilprozesses wird auch bei der Zwangsvollstreckung für Veränderungen sorgen. Worauf sich Kanzleimitarbeitende einstellen sollten, wird Florian Strunk auf dem Deutschen Rechts- und Notarfachwirttag (DRT) berichten, der am 5. und 6. Dezember 2025 in Fulda stattfindet. Er leitet die IT-Abteilungen im Bezirk des Oberlandesgerichts Hamburg und gehört dem Vorstand des EDV-Gerichtstages an. Für Soldan ist der gelernte Diplom-Rechtspfleger bereits seit vielen Jahren als Referent tätig, auf dem diesjährigen DRT ist er zum ersten Mal dabei.

Es wird derzeit viel über den Zivilprozess der Zukunft gesprochen. Worum geht es dabei?

Florian Strunk: Es geht im Wesentlichen um das Arbeiten ohne Medienbrüche, wobei vor allem doppelte Erfassungsaufgaben – wie es heute häufig noch der Fall ist – vermieden werden sollen. Die entsprechende Reformkommission hat Anfang 2025 Handlungsempfehlungen abgegeben. Dazu gehört beispielsweise der Aufbau eines bundesweiten Justizportals, über das digitale Justizleistungen abgerufen und Anträge eingereicht werden können. Auch die Kommunikation der Verfahrensbeteiligten soll über diese Plattform laufen. Zudem sollen zivile Streitigkeiten mit einem Streitwert bis zu 5.000 Euro über ein Onlineverfahren beigelegt werden. Auch der Prozessstoff soll mittels digitaler Werkzeuge strukturiert erfasst und so leichter vom zuständigen Gericht bearbeitet werden können.

Es soll auch ein digitales Vollstreckungsregister errichtet werden. Was bedeutet das?

Bei dem digitalen Vollstreckungsregister handelt es sich – vereinfach ausgedrückt – um eine große Datenbank, in der die Entscheidungen der Gerichte und alle wichtigen Dokumente für die Zwangsvollstreckung abgelegt werden. Alle Beteiligten können darauf zugreifen. Vor allem für Gläubiger hat dies den Vorteil, dass sie nicht mehrere beglaubigte Ausfertigungen der Vollstreckungsurkunde anfordern müssen, wenn sie an verschiedenen Stellen ihre Forderungen eintreiben wollen. Sie müssen auch nicht mehr dieses wichtige Dokument aus der Hand geben. Der Gerichtsvollzieher oder andere Beteiligte können einfach per Klick auf die Dokumente zugreifen.

Wann wird das digitale Vollstreckungsregister einsatzbereit sein?

Da möchte ich derzeit noch keine genaue Prognose wagen. Es gibt Konzeptpapiere, auch wird an verschiedenen Bereichen bereits gearbeitet. Fest steht, dass das Kommunikationsportal als erstes fertig sein soll. Die zivilen Onlineverfahren werden bereits in einigen Bundesländern getestet. Angesichts der vielen Aufgaben genießt das digitale Vollstreckungsregister nicht die höchste Priorität.

Auch wenn es noch dauern wird, bis diese Pläne Realität werden – sollten sich die Kanzleien trotzdem schon darauf vorbereiten?

Auf jeden Fall. Die Einführung des beA hat gezeigt, dass viele Kanzleien bis zum letzten Augenblick damit gewartet und so riskiert haben, nicht handlungsfähig zu sein. Auch wenn manches jetzt noch nach Zukunftsmusik klingt – die Zukunft ist schneller da, als viele denken. Wenn zum Beispiel in einer Kanzlei Investitionsentscheidungen anstehen, müssen diese Aspekte mitberücksichtigt werden. Zumindest während der Abschreibungsphase sollten die Kanzleisysteme für die neuesten technischen Anforderungen gerüstet sein. Daher ist es unverzichtbar, sich jetzt schon mit diesen anstehenden Änderungen zu befassen.