Eine generelle Maskenpflicht für die Kanzlei gibt es nicht – Anwälte entscheiden eigenverantwortlich

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Seit Ende April sind sie aus der Öffentlichkeit nicht mehr wegzudenken: Mund-Nasen-Schutz, Alltags- oder auch „Community-Masken“ genannt. In ihren entsprechenden Verordnungen zum Infektionsschutz haben die Bundesländer geregelt, wann eine Maske zu tragen ist. Bislang sind diese Regelungen auch bundesweit noch sehr einheitlich: Die Maskenpflicht gilt in Geschäften, Einkaufszentren, im öffentlichen Nah- und Fernverkehr. Das Robert-Koch-Institut empfiehlt einen Mund-Nasen-Schutz in allen Situationen, „in denen mehrere Menschen in geschlossenen Räumen zusammentreffen und der Abstand von mindestens 1,5 m zu anderen Personen nicht eingehalten werden kann.“ Obwohl derzeit vehement über Lockerungen gestritten wird, plädiert Bundeskanzlerin Angela Merkel dafür, den Mindestabstand und das Tragen der Masken in bestimmten öffentlichen Bereichen zumindest bis Ende Juni 2020 beizubehalten.

Aber was gilt in der Rechtsanwaltskanzlei? Wann sollten Mitarbeiter und Mandanten eine Schutzmaske tragen? Viele Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind verunsichert, denn es gibt weder eine einheitliche Regelung, noch verbindliche Auskünfte oder offizielle Verlautbarungen zu diesem Thema.

Aufgrund der vielen Anfragen von ihren Mitgliedern hat sich jetzt die Rechtsanwaltskammer Hamm dazu geäußert. Nach ihrer Auffassung sei die Situation in einer Anwaltskanzlei nicht mit der in Verkaufs- und Ausstellungsräumen vergleichbar. Sie verneint daher eine generelle Maskenpflicht in der Kanzlei. Entscheidend sei für sie vielmehr, ob bei der Erbringung und Inanspruchnahme der anwaltlichen Dienstleistung ein Sicherheitsabstand von 1,5 Meter zum Mandanten eingehalten werde. „Nur dann, wenn dieser Abstand nicht gewahrt ist, wird das Tragen einer Maske zur Pflicht, ansonsten bleibt es freiwillig“, schreibt die Kammer.

Ähnlich äußert sich auch die Rechtsanwaltskammer München. Sie verweist auf den SARS-Cov-2-Arbeitsschutzstandard, den das Bundesministerium für Arbeit und Soziales am 16. April 2020 ausgegeben hat, um Beschäftigte vor einer Infektion mit dem gefährlichen Virus zu schützen. Das Maßnahmenpaket enthält ausführliche technische, organisatorische und persönliche Empfehlungen für den Infektionsschutz im Unternehmen.

Die Kammer weist darauf hin, dass der Arbeitsschutzstandard für jede Arbeitsstätte und damit grundsätzlich auch für Rechtsanwaltskanzleien gilt. Jeder Rechtsanwalt müsse daher „im Rahmen seiner Kanzleiorganisation und unter Berücksichtigung des Arbeitsschutzstandards als auch der jeweiligen örtlichen Gegebenheiten eigenverantwortlich entscheiden, ob und in welchem Umfang er seine Mitarbeiter sowie Mandanten zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung verpflichte“. Grundsätzlich darf sich ein Arbeitnehmer nicht einer solchen Arbeitsanweisung seines Chefs widersetzen. Weigert er sich beispielsweise eine Maske während der Arbeit entgegen der Anordnung zu tragen, riskiert er sogar arbeitsrechtliche Konsequenzen.

Auch bei Gericht wird in nächster Zeit auf den Mund-Nasen-Schutz nicht verzichtet werden. So dürfen zum Beispiel in Berlin die Gerichtsleitungen anordnen, dass Rechtssuchende, Besucher oder Mitarbeiter Schutzmasken im Gerichtsgebäude tragen müssen, wenn die Verhältnisse es erfordern. Das hat erst kürzlich der Präsident des Kammergerichts Berlin mitgeteilt. Für eine mündliche Verhandlung dürfen im Sitzungssaal „die jeweiligen Vorsitzenden im Rahmen ihrer Sitzungshoheit“ darüber entscheiden. „Auch wenn es weiterhin keine generelle Maskenpflicht in den Berliner Zivilgerichten gibt, empfehlen wir unseren Besuchern und Verfahrensbeteiligten, vorsorglich eine Gesichts- oder Schutzmaske bei sich zu führen“, heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts.