Legal meets Watson Tour 2018

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Das beschauliche Örtchen Rüschlikon bei Zürich in der Schweiz beherbergt mit dem IBM Research Center eines der renommiertesten Forschungszentren der Welt mit beachtlicher Nobelpreisquote.

Unter dem Motto „Legal meets Watson“ traf dort am 21. März eine juristische Delegation aus Anwälten, juristischen Verlegern, Softwareherstellern und Vertretern der Bundesrechtsanwaltskammer und des Deutschen Anwaltvereins ein. Ziel der vom Anwaltszukunftskongress veranstalteten Kurzreise war die Begegnung mit Watson, dem IBM „Supercomputer“ und dessen akademischen und praktischen Einsatzmöglichkeiten für Juristen.

Der IBM Watson Experte Dr. Stefan Mück führte die 40 Forschungsreisenden zunächst in den aktuellen Stand der KI-Forschung ein und erläuterte die grundlegenden Wirkweisen der künstlichen Intelligenz. Sein IBM Kollege Dr. Costas Beckas baute das Thema dann weiter aus und zeigte aktuelle Trends und neue Forschungsfelder auf, die IBM künftig mit der Watson Technologie erschließen will. Nach diesem theoretischen Einführungsteil konnte die Gruppe bei einer Führung durch die Forschungseinrichtung einen Blick auf die Speerspitzen der IBM Forschung werfen. Ein Highlight war sicherlich der IBM Quantencomputer, dessen Chip mit einem beeindruckend filigranen Gebilde auf eine Temperatur nahe dem absoluten Nullpunkt gekühlt wird und erstmals ermöglicht, die binäre Welt der Einsen und Nullen zu verlassen.

Nach der spannenden Führung ging es zurück zu Watson: Michael Friedmann von der Prime Rechtsanwaltsgesellschaft und Dirk Hartung von der Bucerius Law School erläuterten den Teilnehmern, wie sie in konkreten Projekten mit dem „Supercomputer“ juristische Texte klassifizieren und annotieren, um Watson Jura beizubringen. Dabei ist das Ziel, dem Computer durch Vermittlung von ausreichend Texten und Annotationen die Struktur des Rechts zu vermitteln, so dass er beispielsweise künftig selbstständig aus einer BGH Entscheidung ermitteln kann, ob in dieser eine Revision erfolgreich war oder nicht. Das Projekt der Prime Anwälte beschäftigt sich gar mit konkretem Rechtsrat. So wurde Watson mit rund 180.000 Fragen und Antworten des Portals „frag-einen-anwalt“ gefüttert, im Schwerpunkt aus den großen Rechtsgebieten Familienrecht, Arbeitsrecht, Mietrecht und Verkehrsrecht. Ziel ist hier, Watson als zusätzliches Backup bei Anwaltshotlines zu nutzen, um den dort arbeitenden Juristen schnell auf typisierte Sachverhalte passende Antworten zu ermitteln und so die Bearbeitungszeit solcher Mandate erheblich zu reduzieren.

Zum Abschluss des Workshops durften die Teilnehmer mit ihren eigenen Notebooks mit Watson experimentieren. Dazu hatten sowohl Dirk Hartung als auch Michael Friedmann Beispieldaten mitgebracht, um das Watson Training zu demonstrieren. Für die Teilnehmer wurde durch das Experiment deutlich, dass sich auch der „Supercomputer“ nicht wie ein Zauberstab bedienen lässt und es durchaus IT-Know-how und gewissenhafte Fleißarbeit erfordert, um den Kollegen Watson schlauer zu machen. Friedmanns Resumee: „Es ist beeindruckend, was Watson schon heute mit vergleichsweise geringem Training leistet, und das erst am Anfang einer Entwicklung, die erheblich kürzere Zeit in Anspruch nehmen wird, als viele von uns annehmen.“