Juristen sorgen sich um Rechtsstaatlichkeit in der Türkei

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NRW Justizminister Thomas Kutschaty beim Eröffnungsabend im Essener Landgericht.

Mit großer Sorge betrachten Juristen die Vorgänge in der Türkei nach dem gescheiterten Putschversuch. Die massenhaften Entlassungen und Festnahmen von Staatsbediensteten, vor allem Richtern und Staatsanwälten, in der Türkei waren ein dominierendes Thema in den Eröffnungsansprachen auf dem 71. Deutschen Juristentag, der vom 13. bis 16. September in Essen tagt. „Der Rechtsstaat darf nicht das nächste Opfer dieses Putsches werden“, mahnte Heiko Maas, Bundesminister für Justiz und für Verbraucherschutz.

Bericht der Tagesschau vom 13.09.2016

Die türkische Regierung vertraue offensichtlich nicht auf die Kräfte des Rechtsstaates, sagte Thomas Kutschaty, Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen: „Die rechtsstaatliche Aufarbeitung steht noch aus. Und nicht wenige fürchten, dass sie sogar ganz ausbleibt.“ Die Besorgnis ist so groß, dass der Vorstand des Deutschen Juristentages, die Ständige Deputation, einstimmig eine Öffentliche Stellungnahme zu Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten in der Türkei verabschiedet hat. Darin appellieren die Mitglieder an die Bundesregierung sowie die zuständigen Organe der Europäischen Union und des Europarats, auf die Einhaltung rechtsstaatlicher Verfahren, die Wahrung der Unabhängigkeit der Justiz und der Menschenrechte in der Türkei hinzuwirken. „Die Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Unabhängigkeit der Justiz gehören zu den fundamentalen Werten, auf die sich die Bundesrepublik Deutschland, die Europäische Union und das freiheitliche und sichere Zusammenleben der im Europarat zusammengeschlossenen Völker gründen. Ihre Achtung ist für Staaten, die den Beitritt zur Europäische Union anstreben, unabdingbare Voraussetzung“,
zitierte Prof. Dr. Thomas Mayen, Rechtsanwalt und Präsident des Deutschen Juristentages unter großem Beifall aus der Stellungnahme. „Die Türkei hat diese Werte anerkannt. Sie ist Mitglied des Europarats und hat die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) unterzeichnet. Sie hat fernen ihren Beitritt zur Europäischen Union beantragt. Die von der türkischen Regierung selbst so bezeichneten „Säuberungsaktionen“ sind mit diesen fundamentalen Werten nicht vereinbar“, so Mayen weiter.

Öffentliche Stellung bezieht die Ständige Deputation in seltenen Fällen – zuletzt geschah dies im Jahr 1953. Damals ging es um Fragen der Ausbalancierung der Gewaltenteilung.

Die Stellungnahme finden Sie hier als PDF.