„Es wird immer wichtiger, auf dem Laufenden zu sein“

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Sabine Jungbauer im Interview über Fortbildung, Refa-Tag und neue Herausforderungen für Kanzleimitarbeiter.

Sie gehören zu den Referenten der ersten Stunde. Welche Bedeutung hat Ihrer Meinung nach der Refa-Tag für die gesamte Berufsgruppe erreicht?

Der Deutsche Rechtsfachwirttag gehört zu den beruflichen Highlights des Jahres, auf das sich viele Kolleginnen und Kollegen freuen. Ihnen werden hier nicht nur qualitativ hochwertige fachliche Inhalte vermittelt. Sie können darüber hinaus auch gegenseitig Erfahrungen austauschen.

Der Refa-Tag bietet jedes Jahr aufs Neue ein ambitioniertes Fortbildungsprogramm. Welche Rolle spielt Fortbildung bei den Kanzleimitarbeitern. Wie würdigen die Chefs dieses Engagement?

Mitarbeiter wissen, dass sie ohne Fortbildung heute kaum noch dauerhaft sehr gute Arbeit leisten können. Denn es ändert sich ja ständig irgendetwas. Viele Anwälte schätzen das Wissen ihrer Fachkräfte sehr und schreiben den Team-Gedanken („gemeinsam übersehen wir nichts“) groß. Das zeigt sich unter anderem auch daran, dass viele die Fortbildung für ihre Mitarbeiter finanzieren.

Welches sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen, die Kanzleimitarbeiter in den nächsten Jahren bewältigen müssen?

Mit der Einführung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) und des elektronischen Rechtsverkehrs wird in Kanzleien Geschichte geschrieben. Hier gilt es, technische und rechtliche Anforderungen so zu verknüpfen, dass keine Fehler passieren. In etlichen beA-Kooperationsseminaren zwischen den Firmen ISAR-Fachseminare Jungbauer und Soldan bereiten wir bundesweit Mitarbeiter und Anwälte auf diesen Wandel gründlich vor. Eine besondere Herausforderung wird daher auch in der fehlerfreien Umstellung der Büroorganisation liegen.

Inwieweit wird die Digitalisierung auch die Arbeitswelt der Kanzleimitarbeiter gravierend verändern?

In meinen ersten Berufsjahren konnte man nach der Ausbildung noch „aus dem Vollen“ schöpfen. Es gab kaum Änderungen und so konnte man in Ruhe sein Wissen vertiefen und aufbauen. In den letzten 20 Jahren ist jedoch kaum ein Stein auf dem anderen geblieben. Allein das RVG hat inzwischen schon 45 Änderungsgesetze erfahren. Mit der Digitalisierung der Anwaltswelt kommen permanent weitere Gesetzesänderungen auf uns zu. Europa spielt ebenfalls eine immer wichtigere Rolle. Das zeigt sich zum Beispiel beim Mahnverfahren, der vorläufigen europäischen Kontenpfändung oder der Kenntnis über Zustellungsabkommen.

Für Mitarbeiter aus Kanzleien wird es immer wichtiger, sich das erforderliche Wissen anzueignen und hier auf dem Laufenden zu bleiben. Welche Kompetenzen müssen Kanzleimitarbeiter eventuell stärker entwickeln?

Als neue Kernkompetenzen werden der versierte Umgang mit elektronischen Medien und vertiefende Kenntnisse von Hard- und Software gefordert. Ich gehe davon aus, dass eine der bisherigen Kernaufgaben von ReFas – das Schreiben von Diktaten – in wenigen Jahren der Vergangenheit angehören wird. Neben Fachwissen auch „technische“ Kenntnisse vorweisen zu können, wird immer wichtiger.

Auf dem Refa-Tag stehen auch andere Vorträge auf dem Programm, etwa zum Selbstcoaching. Wie stehen Sie zu solchen Angeboten?

Die Anforderungen an die Mitarbeiter steigen heute ständig und es wird mehr Arbeit auf immer weniger Schultern verteilt. Deshalb finde ich es gut, dass auf dem Rechtsfachwirttag auch Referenten auftreten, die sogenannte Soft-Skills vermitteln. Das stärkt die Mitarbeiter und dient damit letztendlich auch wieder der Kanzlei. Nicht umsonst werden Führungskräfte in großen Unternehmen inzwischen darauf geschult, Burn-Outs und fehlende Work-Life-Balance bei Mitarbeitern zu erkennen, um frühzeitig gegensteuern zu können. Ein Mitarbeiter, der auch Vorträge etwa zum Kommunikationstraining, Umgang mit hoher Belastung oder ein Motivationstraining besuchen darf, fühlt sich stärker als Mensch mit seinen Bedürfnissen anerkannt. Trotz hoher Belastung zufrieden seine Arbeit verrichten zu können, ist ein erreichbares Ziel, wenn man das entsprechende Handwerkszeug erhält.

Was war für Sie persönlich ein besonderes Highlight des Refa-Tages 2016?

Mein Mann organisiert in Bayern jährlich die Kanzleileiter-Tage, die im Mai 2017 zum 14. Mal stattfinden und ich unterstütze ihn hier natürlich nach Kräften. Für uns beide ist es daher immer ein besonderes Highlight, „nur“ den eigenen Vortrag sehr gut vorzubereiten und sich ansonsten zurückzulehnen und genießen zu dürfen. Es ist einfach toll, wie die Frau Jahnke, Frau Wendisch und Herr Schwarz den Rechtsfachwirttag zu einem unvergesslichen Erlebnis für die Teilnehmer werden lassen.

Über Sabine Jungbauer

Sabine Jungbauer ist geprüfte Bürovorsteherin und geprüfte Rechtsfachwirtin. Neben ihrer
praktischen Tätigkeit für Kanzleien in München hält sie bundesweit Vorträge zu den Themen Gebührenrecht, Prozessrecht, Zwangsvollstreckung und Fristen mit Kanzleiorganisation.

Mit Soldan verbindet Sabine Jungbauer eine lange enge Zusammenarbeit, etwa als Referentin auf dem Deutschen Rechtsfachwirttag, in zahlreichen Fach-Seminaren sowie bei der Ausbildung zur Rechtsfachwirtin / Rechtsfachwirt, die Soldan in Zusammenarbeit mit einigen Rechtsanwaltskammern anbietet. Frau Jungbauer veröffentlicht zudem regelmäßig Fachbeiträge zu gebührenrechtlichen Fragen und ist Autorin oder Herausgeberin / Mitherausgeberin von zahlreichen Fachbüchern.

Darüber hinaus engagiert sie sich im Berufsbildungsausschuss der Rechtsanwaltskammer München und im Prüfungsausschuss einiger weiterer Kammern. Im vergangenen Jahr wurde Frau Jungbauer für ihre besonderen Verdienste mit dem „Prof. Dr. Benno Heussen Preis für Kanzleimanagement“ von der Arbeitsgemeinschaft Kanzleimanagement im Deutschen Anwaltverein ausgezeichnet.