Rechtsabteilungen erwarten mehr Legal Tech und Produktivität von Kanzleien

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Der Druck auf die Produktivität und Effizienz juristischer Beratung wird in den nächsten Jahren weiter steigen. Dieser Trend wird durch die Corona-Pandemie zusätzlich angeheizt. Deshalb wird die Fähigkeit, Leistung und Effizienz durch Technologie zu optimieren, an Bedeutung gewinnen. Davon gehen drei Viertel der Anwälte und Unternehmensjuristen aus, die der Informationsdienstleister Wolters Kluwer für seine Future Ready Lawyer Studie 2020 – allerdings vor dem weltweiten Ausbruch der Pandemie – befragt hat. Gleichwohl gab nur weniger als ein Drittel an, dass ihre Organisation besonders gut darauf vorbereitet ist. Schwierigkeiten im Change Management und Widerstand der Geschäftsleitung gegen Veränderungen sind nach Information der Studie die größten Hindernisse bei der Umsetzung von Veränderungen, sowohl für Rechtsabteilungen (65 Prozent) als auch für Kanzleien (53Prozent). An der Untersuchung haben insgesamt 700 Juristen aus Kanzleien, Rechtsabteilungen und von Rechtsdienstleistern aus den USA und neun europäischen Ländern teilgenommen.

Eine weitere große Herausforderung für Kanzleien und Rechtsabteilungen wird es sein, den sich ändernden Ansprüchen der Mandanten beziehungsweise den Erwartungen der Geschäftsführung gerecht zu werden. „Juristische Führungskräfte sind sich darin einig, dass die sich verändernden Kundenerwartungen eine der treibenden Kräfte für die Transformation des Rechtsmarkts sein wird“, so die Autoren der Studie. Kunden würden mehr für weniger („More-for-less“- Prinzip) erwarten, sie möchten für den erhaltenen Nutzen anstatt für geleistete Arbeitsstunden bezahlen und sie erwarten schnellen und direkten Zugang zu Dienstleistungen und Fachwissen.

Weil von den Rechtsabteilungen erwartet wird, dass sie einen Mehrwert für das Unternehmen schaffen, geben sie diesen Druck auch an die beauftragten Kanzleien weiter. Laut der Untersuchung planen mehr als 80 Prozent der Rechtsabteilungen in den kommenden Jahren von „ihren“ Kanzleien, dass sie Technologie einsetzen, um produktiver und effizienter zu arbeiten. Allerdings glauben nur 73 Prozent der befragten Kanzleien, dass ihre Auftraggeber das von ihnen erwarten; 67 Prozent der Kanzleien geben an, in neue Technologien zu investieren, um den Kanzleibetrieb und den Service für den Kunden aufrechtzuerhalten.

Überhaupt herrschen auf beiden Seiten unterschiedliche Vorstellungen über die gegenseitigen Erwartungen: So halten der Umfrage zufolge Unternehmensjuristen für die Bewertung von Kanzleien drei Kriterien für besonders wichtig: Spezialisierung, Einsatz von Technologie zur Produktivitätssteigerung und die Fähigkeit, Kundenbedürfnisse zu verstehen. Kanzleien gehen hingegen davon aus, dass der Preis das wichtigste Kriterium ist, gefolgt von der Kundenorientierung und der Spezialisierung. Die Diskrepanz zwischen dem, was für die Rechtsabteilungen wichtig ist und wie sie die Leistung ihrer Kanzlei bewerten, bezeichnen die Studien-Autoren als „besorgniserregend“. Gleichwohl halten sich die Auswirkungen dieser Erwartungen auf die Mandantenzufriedenheit in Grenzen: Die große Mehrheit der Befragten zeigt sich mit 71 Prozent neutral oder eher zufrieden mit ihrer derzeitigen Kanzlei, 26 Prozent sind sogar sehr zufrieden und nur 3 Prozent unzufrieden.

Insgesamt zeigt die „Future Ready Lawyer-Studie 2020“, dass Kanzlei- und Unternehmensjuristen zwar die Dringlichkeit erkannt haben, Technologie für mehr Produktivität einzusetzen  – und auch daran arbeiten. Die Ergebnisse belegen aber auch, dass es Hindernisse gibt und weitere Fortschritte auf diesem Gebiet notwendig sind.