BeA-Umprogrammierung geht nicht von heute auf morgen

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Der Anwaltsgerichtshof Berlin hat am 8. Juni 2016 im Eilverfahren den Anträgen zweier Anwälte stattgegeben. Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) darf nicht ohne ihre Zustimmung das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) empfangsbereit geschalten (siehe Presseerklärung BRAK). Über die Folgen dieses Beschlusses sprach Soldan #Insights mit Rechtsanwältin Julia von Seltmann, Mitglied der BRAK-Geschäftsführung.

Wird sich der Starttermin für das beA durch diese Entscheidung weiter hinauszögern?

Julia von Seltmann: Ob sich der Starttermin für das beA weiter hinauszögert, ist noch unsicher. Die BRAK ist nach wie vor in der Lage, am 29.09.2016 beA in Betrieb zu nehmen. Wir werden nun in den beiden vom AGH im einstweiligen Rechtsschutz entschiedenen Verfahren das Hauptsacheverfahren durchführen und hoffen, dass dieses möglichst schnell durchgeführt und abgeschlossen werden kann. Davon hängt ab, ob sich der Starttermin noch weiter verzögert.

Welche Konsequenzen zieht die BRAK jetzt aus diesem Beschluss?

Das beA-System erlaubt es nicht, die Empfangsbereitschaft der Postfächer einzeln zu steuern. Die BRAK wird deshalb wegen der jetzt bestehenden Gesetzes- und Rechtslage bis zum Abschluss der Hauptsacheverfahren von der Einrichtung empfangsbereiter beAs für alle Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in Deutschland absehen.

Mit dem bestehenden System ist es nicht möglich, einzelne Postfächer freizuschalten. Wie schnell ist eine entsprechende Umprogrammierung möglich?

Die BRAK prüft derzeit den technischen Aufwand und die Kostenauswirkungen. Die erforderlichen Maßnahmen für eine individuelle Freischaltung bzw. Abmeldung sind aufwendig und nicht durch eine einfache Umprogrammierung zu erreichen. Das System wird insgesamt betroffen sein, da es allen 165.000 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten möglich sein muss, Zustellungen in das elektronische Anwaltspostfach grundsätzlich zuzustimmen bzw. der Einrichtung des beA für sich persönlich zu widersprechen. Die Anpassungen müssen so durchgeführt werden, dass die Sicherheit des beA weiterhin gewährleistet bleibt. Schon diese Aspekte machen deutlich, dass die Umprogrammierung nicht von heute auf morgen geht, sondern Zeit braucht und sorgfältig vorgenommen werden muss.

Ist vorgesehen, dass Anwälte ab 1.1.2018 das Postfach nutzen müssen? Ist ein entsprechender Gesetzesvorschlag schon auf den Weg gebracht? Sind dort auch Ausnahmen zugelassen?

Es befindet sich derzeit der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe in der Verbändeanhörung. Dort ist in einem neuen § 31a Abs. 5 BRAO vorgesehen, dass der Inhaber des beA verpflichtet ist, die für dessen Nutzung erforderlichen technischen Einrichtungen vorzuhalten sowie Zustellungen und den Zugang von Mitteilungen über das besondere elektronische Anwaltspostfach zu ermöglichen. Diese Vorschrift soll am 1.1.2018 in Kraft treten. Damit sieht das BMJV eine berufsrechtliche Verpflichtung zur (passiven) Nutzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs ab dem 1.1.2018 vor.
Ausnahmen sind in dieser Vorschrift nicht vorgesehen. Es wird aber jetzt abzuwarten bleiben, ob es bei diesem Vorschlag des BMJV im Referentenentwurf bleibt oder ob das BMJV auf die Entscheidungen des AGH reagieren und eine anderen gesetzliche Klarstellung vorschlagen wird. Anhaltspunkte dazu haben wir aber derzeit noch nicht.