Elektronischer Rechtsverkehr: Kanzleien technisch gut gerüstet

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Kanzleien technisch gut gerüstet – Know-How der Anwälte verbesserungsfähig

(Köln) – Ihre Kanzleien haben die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in Deutschland überwiegend gut auf den elektronischen Rechtsverkehr (ERV) vorbereitet. Ihr persönliches Wissen über die künftige digitale Kommunikation mit den Gerichten beurteilen hingegen viele weniger positiv. Dies hat eine Untersuchung des Soldan Instituts ergeben, für die die Kölner Forschungseinrichtung 1.132 aktive Berufsträger befragt hat.

Vom 1.1.2016 an wird jede Anwältin und jeder Anwalt in Deutschland über ein „besonderes elektronisches Anwaltspostfach“ (beA) verfügen. Dieses persönliche Anwaltspostfach ist der so genannte „sichere Übermittlungsweg“, über den sie in Zukunft der Poststelle eines Gerichts elektronische Dokumente übersenden können.

Anwaltskanzleien sind für den Beginn der digitalen Ära offensichtlich gut gerüstet: Lediglich 21 Prozent der Befragten beurteilen die IT-Infrastruktur ihrer Kanzlei mit Blick auf den elektronischen Rechtsverkehr als (eher) schlecht. Weniger gut ist es dagegen um die persönlichen Fertigkeiten der Anwender bestellt. 44 Prozent der Befragten halten ihre persönlichen technischen Kenntnisse auf diesem Gebiet für schlecht oder eher schlecht, mit 39 % fast ebenso so viele ihr Know-How zu den Inhalten des elektronischen Rechtsverkehrs.
Prof. Dr. Matthias Kilian, Direktor des Soldan Instituts, führt dieses Defizit vor allem darauf zurück, dass sich die Betroffenen bislang wenig oder kaum mit der Reform beschäftigt haben: „Grundlegende Probleme im Umgang mit der Technik dürften nur selten bestehen, sind doch die Plattformen für den elektronischen Rechtsverkehr bewusst einfach ausgestaltet. Sie fügen sich zumeist nahtlos in Anwendungen ein, mit denen viele Anwälte vertraut sind.“

Die Kölner Berufsforscher berichten von einigen weiteren interessanten
Details ihrer Untersuchung: Rechtsanwälte, die in Einzelkanzleien und/oder in Teilzeit tätig sind oder sich als Generalisten sehen, haben demnach größeren Nachholbedarf in
Sachen Kanzleiausstattung und Know-How als Rechtsanwälte aus Sozietäten oder Spezialisten. Keinen Einfluss hat hingegen das Alter: Jüngere Rechtsanwälte, die häufig seit ihrer Jugend oder dem Studium digital kommunizieren, fühlen sich nicht besser gerüstet als ältere Berufskollegen.

Hinweise für die Redaktionen:

Ausführlich berichtet das Soldan Institut in Heft 5/2015 der Mitteilungen der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK-Mitt.) über die Ergebnisse der Untersuchung. Die dem Artikel zu Grunde liegende Befragung erfolgte im Rahmen des Berufsrechtsbarometers des Soldan Instituts. Das Berufsrechtsbarometer ist eine zweijährlich durchgeführte
empirische Studie zu aktuellen berufs- und rechtspolitischen Fragen, die die Anwaltschaft unmittelbar oder mittelbar betreffen. Die Befragung für das Berufsrechtsbarometer 2015 erfolgte von Ende April bis Anfang Juli 2015.Die Entwicklungen beruhen auf dem Gesetz zur Förderung des Elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten (ERVGerFöG) vom 10.10.2013 (BGBl. I 2013, 3786). Das Gesetz bestimmt, dass vom 1.1.2016 an bei der Bundesrechtsanwaltskammer für jedes Mitglied ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach eingerichtet sein muss, über das es ab diesem Zeitpunkt
erreichbar ist. Die Möglichkeit der Einreichung eines elektronischen Dokuments (ohne elektroni-sche Signatur) durch einen Rechtsanwalt bei Gericht besteht ab dem 1.1.2018;
die Bundes-länder können diesen Zeitpunkt allerdings bis längstens zum 1. Januar 2020 verschieben. Ab spätestens dem 1.1.2022 müssen Rechtsanwälte den Rechtsverkehr mit
den Gerichten zwingend elektronisch abwickeln.

Ansprechpartner:

Prof. Dr. Matthias Kilian
Tel.: 0221 5481 1123
Fax: 0221 5481 1125
Mobil: 0172 63 93 699
kilian@soldaninstitut.de

Pressekontakt

Annika Wolf
Tel.: 0201 8612 104
Fax: 0201 8612 108
Mobil: 01726393324
presse@soldan.de

Über das Soldan Institut:

Das Soldan Institut wurde 2002 als unabhängige Forschungseinrichtung gegründet. Ziel des von einem gemeinnützigen Verein getragenen Instituts ist die Erforschung der Strukturentwicklung der Anwaltschaft und der sich hieraus ergebenden Bedingungen für eine erfolgreiche und zukunftsorientierte Tätigkeit von Anwaltskanzleien.
Das Institut betreibt eigene empirische Anwaltsforschung, deren Ergebnisse Rechtsanwälten, Institutionen der deutschen Anwaltschaft, politischen Entscheidungsträgern, Wissenschaftlern und einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Der gemeinnützige Trägerverein des Instituts wird von der Hans Soldan Stiftung, dem Deutschen Anwaltverein, der Bundesrechtsanwaltskammer und WoltersKluwer Deutschland unterstützt. Der Institutsdirektor, Prof. Dr. Matthias Kilian, ist Inhaber einer Professur u.a. für Anwaltsrecht und anwaltsorientierte Juristenausbildung der Universität zu Köln.