Der neu gewählte BRAK. Präsident Ekkehart Schäfer im Interview über Aufgaben in den nächsten Jahren.
Welches sind für Sie als Präsident der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) die größten Herausforderungen für die nächsten Jahre?
Ekkehart Schäfer: Wir stehen vor einschneidenden Veränderungen, die das Berufsbild und die Tätigkeit des Rechtsanwaltes betreffen. Die Heterogenität der anwaltlichen Arbeitsfelder wird immer breiter. Und die Diskussion um den Syndikusrechtsanwalt hat uns gezeigt, dass wir die Frage nach der Unabhängigkeit des Rechtsanwaltes neu beantworten müssen. Wichtig ist mir, dass wir uns auf die uns alle verbindenden anwaltlichen Kernwerte besinnen. Die „Einheit der Anwaltschaft“ darf keine hohle Phrase werden. Unsere Unabhängigkeit, unsere Verschwiegenheit und unsere Loyalität gegenüber unseren Mandanten, sie unterscheiden uns von anderen Berufsgruppen. Sie beschreiben die besondere Stellung, die Rechtanwältinnen und Rechtsanwälte im Rechtsstaat zukommt, damit sie das tun können, was ihre Aufgabe ist. Den Bürgern Zugang zum Recht zu sichern.
Wo wollen Sie Ihre Schwerpunkte setzen?
Ekkehart Schäfer: Der Präsident der Bundesrechtsanwaltskammer ist gleichberechtigtes Mitglied im Präsidium der BRAK, aber eben nur „primus inter pares“. Die Politik wird deshalb auch vom Präsidium bestimmt. Wir sind gerade dabei, ein Konzept für die nächsten vier Jahre zu entwerfen. Es steht aber noch nicht.
Eine Mammutaufgabe wird sicherlich die flächendeckende Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs sein. Sind Sie davon überzeugt, dass die Frist bis zum Jahr 2022 gehalten werden kann?
Ekkehart Schäfer: Das Gesetz sieht vor, dass ab spätestens 2022 Rechtsanwälte Schriftsätze und Anträge nur noch auf elektronischem Weg bei Gericht einreichen dürfen. Das ist aber erst der letzte Schritt zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs. Bereits 2016 werden alle Rechtsanwälte ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach erhalten. Ab 2018 soll die Justiz flächendeckend elektronisch erreichbar sein. Die BRAK hat ihre Hausaufgaben gemacht, das beA steht kurz vor der Fertigstellung. Jetzt ist die Justiz dran. Der bisher bestehende Flickenteppich, welche Gerichte elektronisch erreichbar sind und welche nicht, muss schnellstmöglich beseitigt werden. Wir werden uns deshalb dafür einsetzen, dass die Länder von der Möglichkeit, die Öffnung ihrer Gerichte für den elektronischen Rechtsverkehr um zwei Jahre nach hinten zu verschieben, keinen Gebrauch machen. Je früher er in beiden Richtungen funktioniert, umso eher werden alle Rechtsanwälte vom Nutzen überzeugt sein.
Viele Technikanbieter befürchten, dass Kanzleien die Frist bis zum letzten ausreizen. Wie kann Ihrer Meinung nach etwas mehr Begeisterung für das beA bei den Anwälten entfacht werden?
Ekkehart Schäfer: Bisher ist der elektronische Rechtsverkehr nur lückenhaft und sehr uneinheitlich eröffnet. Nur in einigen wenigen Bundesländern sind fast alle Gerichte elektronisch erreichbar. Das dämpft natürlich den Enthusiasmus unter den Kollegen. Außerdem sieht das Gesetz eine aktive Nutzungspflicht ab 2022 zwar für Rechtsanwälte, nicht aber für die Gerichte vor. Sie könnten theoretisch dann immer noch auf dem Papierweg antworten. Dieser Medienbruch ist auf Dauer keiner Kanzlei zuzumuten. Hier muss vom Gesetzgeber unbedingt nachgebessert werden.
Die Bundesnotarkammer ist mit der Erstellung der beA-Karten beauftragt worden. Warum übernehmen die Anwälte diese Aufgabe nicht selbst?
Ekkehart Schäfer: Die Bundesnotarkammer hat das notwendige Know-how und die erforderlichen Strukturen für dieses Projekt. Die Zertifizierungsstelle der Bundesnotarkammer ist seit Jahren Dienstleister für Signaturkarten insbesondere für Notare, also einem dem Rechtsanwalt verwandten Beruf mit vergleichbaren Pflichten. Die Bundesrechtsanwaltskammer muss deshalb das Rad nicht neu erfinden, zumal wir mit sehr viel mehr Geld und ohne Erfahrungen auf diesem Gebiet eine Zertifizierungsstelle aus dem Boden hätten stampfen müssen. Das wäre allein schon aus finanziellen Gründen den Kollegen nicht zumutbar gewesen.
Ist das nicht ein falsches Signal an die Öffentlichkeit?
Ekkehart Schäfer: Ich glaube nicht, dass wir durch die Auswahl eines vertrauensvollen Kooperationspartners ein falsches Signal gesetzt haben.
Ekkehart Schäfer
Rechtsanwalt Ekkehart Schäfer, Fachanwalt für Medizinrecht, engagiert sich seit fast 30 Jahren für die anwaltliche Selbstverwaltung. Von 2000 bis 2010 war er Präsident der Rechtsanwaltskammer Tübingen, seit 2007 war er einer der Vizepräsidenten der BRAK und befasste sich hier im Schwerpunkt mit berufsrechtlichen Fragen des Datenschutzes.