„Wir haben das gleiche Interesse wie unsere Kunden: gewinnen“

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Dr. Sven Bode hat sich auf die IT-gestützte Durchsetzung von Verbraucherrechten spezialisiert. Über die Financialright GmbH in Hamburg betreibt er die Plattformen „bankright.de“ und „my-right.de“. Während sich „bankright“ um die Ansprüche von Bankkunden kümmert – angefangen mit unerlaubt hohen Bearbeitungsgebühren für Verbraucherkredite und fehlerhaften Widerrufsbelehrungen bei Immobilienkrediten, wendet sich „my-right“ zurzeit an die Kunden des Volkswagen-­Konzerns, die ein manipuliertes Diesel-Auto gekauft haben. Weitere Produkte unter dieser Marke sind in Vorbereitung. Bode ist auch nach wie vor Gesellschafter von „flightright“. Das Internetportal zur Durchsetzung von Fluggastrechten hat er mitgegründet.

Verglichen mit den USA haben es geschädigte Verbraucher in Deutschland sehr schwer, ihre Ansprüche durchzusetzen. Woran liegt das?

Wenn Verbraucher gegen einen großen Konzern oder große Banken vorgehen wollen, sind die Risiken sehr hoch und die Erfolgsaussichten gering. Für die Opfer bedeuten solche Auseinandersetzungen hohe finanzielle Aufwendungen, die sie oftmals nicht aufbringen können und die in den meisten Fällen in keinem vernünftigen Verhältnis zu ihren Schadenersatzforderungen stehen. Nehmen wir das Beispiel des Abgas-Skandals bei VW: Um festzustellen, welcher Schaden wirklich entstanden ist, sind aufwändige Gutachten notwendig. Das ist für einen Einzelkläger gar nicht machbar.

Und wie arbeiten Ihre Rechtsportale?

Grundsätzlich haben wir aufgrund der vielen Schadensfälle, die wir bearbeiten, eine ganz andere Verhandlungsposition gegenüber einem Großkonzern oder einer Großbank. Wir können die Prozessrisiken besser einschätzen und aus der Masse der Verfahren prognostizieren, ob sich eine Klage in einem bestimmten Fall lohnt oder nicht. Viele Prozesse laufen bei uns ganz institutionalisiert ab. Unsere angestellten Anwälte prüfen den Fall. Dann läuft vieles automatisch: E-Mails werden an die Kunden versandt, der Sachverhalt abgefragt. Es ist genau festgelegt, wer was und wann machen muss. Bei den Opfern des VW-Abgasskandals besteht die Herausforderung auch darin, den Schaden zu identifizieren. Dafür haben wir eigene Gutachten in Auftrag gegeben. Mit IT-Unterstützung sind wir in der Lage, beispielsweise den individuellen Schaden zu berechnen.

Im Fall des VW-Abgasskandals arbeitet „my-right“ auch mit dem US-amerikanischen Staranwalt Michael D. Hausfeld zusammen, der in den USA schon viel Geld für geschädigte VW-Kunden in den USA erstritten hat. Wie sieht diese Kooperation aus?

 Die renommierte US-­Kanzlei hat eine Niederlassung in Berlin, die von dem Rechtsanwalt und Kartellspezialisten Christopher Rother geleitet wird. Wir stellen die Finanzierung besonders großer Fälle wie bei VW über externe Prozessfinanzierer sicher. Es ist sicher keine neue Erkenntnis, dass der Erfolg im Recht von einer soliden Finanzierung abhängt. Damit geben wir unseren Anwälten die Möglichkeit, die Dinge fundiert aufzubereiten und vorzutragen.

Das hängt sicherlich auch damit zusammen, dass Ihre Kunden nur im Erfolgsfall zahlen. Wie funktioniert das?

Die Gesellschaft Financialright GmbH ist ein registrierter Rechtsdienstleister und Prozessfinanzierer. Unsere Kunden treten ihre Forderungen, die sie gegenüber einem Unternehmen wie VW haben, an uns ab. Im Gegenzug verpflichten wir uns, die abgetretenen Rechte durchzusetzen und Schadenersatz für unsere Kunden zu erlangen. Im Erfolgsfall erhalten wir von dem Schadenersatz 29 Prozent plus MwSt., 65 Prozent fließen an den Kunden. Da wir nach dem Motto „no win, no fee“ arbeiten, können Sie sich vorstellen, dass wir ein sehr reges Interesse daran haben, zu gewinnen.

Seit dem VW-Abgasskandal wird in Deutschland wieder verstärkt über ein Gesetz zur Musterfeststellungsklage diskutiert. Würde ein solches Gesetz ihr Geschäftsmodell gefährden?

Nein, ganz im Gegenteil! Wir unterstützen die diesbezüglichen Bemühungen der Verbraucherverbände und die Diskussionen innerhalb der Bundesregierung ausdrücklich. Die traurige Wahrheit ist es allerdings, dass es noch eine Zeit dauern wird, bis ein solches Gesetz in Kraft ist. So eine Musterfeststellungsklage ist auch an verschiedene Bedingungen geknüpft: Man braucht zum Beispiel den gleichen Sachverhalt; der Ausgang hängt entscheidend vom Musterkläger ab. Und bis eine Entscheidung fällt, dauert es sehr lang, das hat der Telekom‐Fall gezeigt. Bei „bankright“ haben die ersten Kunden, die sich an uns wegen der zu hohen Kredit-­Bearbeitungsgebühren gewandt haben, bereits nach wenigen Wochen ihr Geld von uns ausgezahlt bekommen. Das bekommen sie im Musterverfahren nicht hin.