Dr. Hariolf Wenzler ist Chief Strategy Officer von Baker & McKenzie und Vorstand
der European Legal Technology Association (ELTA). Die Kanzlei zählt zu den
Gründungsmitgliedern des neu gegründeten Verbandes, der technologie- und
softwarebasierte Anwendungen und Lösungen für die Rechtsberatung in Europa
bekannter machen will.
Weshalb setzt sich eine Großkanzlei wie Baker & McKenzie für Legal Tech ein?
Das Thema „Digitalisierung“ beschäftigt unsere Mandanten in hohem Maße. Alle werden heute danach gefragt, wie ihre digitale Agenda aussieht. Die fortschreitende Digitalisierung wird die Prozesse in den Kanzleien ebenso verändern wie in den Unternehmen. Wir haben uns in der Kanzlei darauf verständigt, unseren Mandanten auch in der Arbeitsweise nah zu sein. Dazu gehört heute vor allem, sich mit Innovationen und Technik auseinanderzusetzen.
Nutzt die Kanzlei bereits Legal Tech-Lösungen in einem gewissen Umfang?
Ja, wir arbeiten mit Softwarelösungen, die es uns ermöglichen, Arbeiten effizienter zu erledigen, zum Beispiel bei der Analyse komplexer Verträge. Wir setzen Legal Tech aber nicht allein ein, um kostengünstiger zu arbeiten. Die technologischen Innovationen sollen auch unseren Mandanten einen zusätzlichen Nutzen bringen.
Können Sie das näher erklären?
Nehmen wir folgendes Beispiel: Der General Counsel eines internationalen Konzerns ist unter anderem dafür verantwortlich, dass die Mitarbeiter in den verschiedenen Niederlassungen und Betriebsstätten die gültigen Compliance-Regeln in ihren jeweiligen Ländern kennen und einhalten. Mit modernen Softwarelösungen unterstützen wir den General Counsel nicht allein beim juristischen Update der Vorschriften. Das System zeigt auch an, ob die Mitarbeiter die Neuerungen überhaupt zur Kenntnis genommen haben. Mit einigen Klicks kann der General Counsel auf diese Weise schnell erkennen, wo Handlungsbedarf besteht. Das ist auch für den Mandanten von großem Vorteil.
Wie schätzen Sie die weiteren Entwicklungen ein? Werden Computer und Software demnächst die Associates in den Kanzleien verdrängen?
Wir brauchen auf jeden Fall weiterhin gute Associates. Ich bin aber davon überzeugt, dass wir künftig auch mehr Legal Engineers benötigen und mehr Fachleute, die sich mit Legal Tech auskennen und diese Prozesse steuern. Hier wird es sicherlich einige Verschiebungen geben.