„Wir wollen zur Beruhigung der Kollegen beitragen“

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Rechtsanwältin Pia Eckertz-Tybussek, Vorsitzende des Kölner Anwaltvereins und Vizepräsidentin des Deutschen Anwaltvereins auf dem Anwaltszukunftskongress 2017

Mit dem neuen beA-Postfach-Service können Anwältinnen und Anwälte bequem und unkompliziert der gesetzlich vorgeschriebenen passiven Nutzungspflicht des Postfaches nachkommen und das auf zwei verschiedenen Wegen. Bei der Variante beA-Direkt werden die Nachrichten aus dem beA-Postfach abgerufen und an das E-Mail-Postfach des Nutzers weitergeleitet. Bei der Variante beA-Post erhält der Nutzer die beA-Nachrichten ausgedruckt per Briefpost. Warum dieser Service für viele Kanzleien eine wertvolle Hilfestellung darstellt, erklärt Rechtsanwältin Pia Eckertz-Tybussek, Vorsitzende des Kölner Anwaltvereins und Vizepräsidentin des Deutschen Anwaltvereins.

SOLDAN: Der Kölner Anwaltverein hat den Anstoß für die analoge Variante beA-Post gegeben. Was hat Sie dazu bewogen?

RAin Pia Eckertz-Tybussek: Es ist das größte Bestreben des Kölner Anwaltvereins, unsere Kolleginnen und Kollegen in ihrer täglichen Arbeit zu unterstützen. Das Thema beA sorgt mit all seinen Problemen tatsächlicher und rechtlicher Art schon seit geraumer Zeit für Unruhe in der Anwaltschaft. Es war unser Anliegen im Vorstand, zur Entlastung und Beruhigung in der Kollegenschaft beizutragen, da, allen Unkenrufen zum Trotz, das beA im Januar 2018 in Betrieb genommen wird. Die Kolleginnen und Kollegen, die das beA bereits anwenden oder anwenden wollten, mussten feststellen, dass es wohl eines Fachstudiums bedarf, um Selbiges zu nutzen. Deshalb haben wir, allen voran unser Schatzmeister Dr. Marcus Werner, die Notwendigkeit für eine Hilfestellung gesehen. Die Idee, beA-Nachrichten per Post zu empfangen, war also geboren. Aber: Trotz der Kritik, die das beA im Moment auch in unseren Reihen erfahren hat, sind wir der zukunftsorientierten Ausrichtung sehr zugewandt und grundsätzlich Befürworter dieser Einrichtung. Wir hoffen mit diesem Service die Berührungsängste nehmen und zugleich veranschaulichen zu können, wie die zukünftige Kommunikation sein wird.

Woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass sich doch recht viele Anwälte mit dem beA nur schwer arrangieren?

Wenn Sie sich in der Kollegenschaft umschauen und umhören, werden Sie feststellen, dass EDV- und IT nicht unbedingt unsere Lieblingsthemen sind. Es fehlt uns in vielen Dingen die tiefere Kenntnis der technischen Details; dadurch wird uns das Gefühl gegeben, nicht mehr selbst Büroabläufe kontrollieren und auch eingreifen zu können. Die Kollegen haben den Eindruck, nicht mehr sie, sondern die technischen Vorgaben bestimmen den Kanzleiablauf. Erschwerend war die in jeder Hinsicht unglückliche Kommunikation zum beA; gerade vor dem Hintergrund der zu erwartenden Skepsis bis hin zur Ablehnung hätte die PR-Arbeit auf jeden Fall professioneller erfolgen müssen. Als Folge all dessen verursachen die drei Buchstaben „beA“ statt Interesse und Begeisterung, Unbehagen und tiefes Misstrauen. Das bezieht sich nicht nur auf die juristische Unbedenklichkeit einschließlich der berufsrechtlichen Problematik, sondern schließt auch die Ausgereiftheit der Technik mit ein. Je mehr Kolleginnen und Kollegen wir aber dazu bringen können, sich dem beA und der Einbindung in ihren Kanzleibetrieb zu widmen sowie dessen Anwendung als Erleichterung des Berufsalltags zu erleben, je größer wird auch die Akzeptanz des beA werden.

Was hat den Kölner Anwaltverein dazu bewogen, Soldan auf dieses Thema anzusprechen?

Unsere langjährige und vertrauensvolle Zusammenarbeit und das Wissen darum, dass Soldan sich dem Themenspektrum „LegalTech“ bereits seit mehreren Jahren besonders widmet. Der
Anwaltszukunftskongress ist ein gutes Beispiel für, dass Soldan zu diesem Thema für den Kölner Anwaltverein genau der richtige Ansprechpartner ist.

Kritiker werten die Variante beA-Post, also die Zustellung der beA-Nachrichten per Briefpost, eher als rückständig. Wie stehen Sie zu diesen Äußerungen?

Den Kritikern, die den neuen Service als rückständig bezeichnen, sei zu Gute zu halten, dass diese nicht die Bedürfnisse aller Kolleginnen und Kollegen berücksichtigen müssen. Der Kölner
Anwaltverein sieht aber genau das als seine Aufgabe an – alle Kolleginnen und Kollegen „auf die Reise mitzunehmen“, gleichgültig, um welches Projekt wir uns kümmern. Im IT-Bereich wissen wir nun aus zahlreichen Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen, dass hier ganz unterschiedliche Wissensstände und technische Standards in den Kanzleien vorhanden sind. Darüber hinaus gibt es die Berufsanfänger, die sich wegen ihres noch sehr langen Berufslebens ganz anders auf die zu erwartenden technischen Herausforderungen einrichten müssen als die Kolleginnen und Kollegen, die am Ende ihres Berufslebens stehen. Wir sind der Meinung, dass wir mit dem von uns angestoßenen und deshalb auch unterstützten beA-Projekt von Soldan die Bandbreite der unterschiedlichen Interessen berücksichtigt haben.