Legal Tech Tour – Meine Eindrücke

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Reisebericht von Oliver Schwartz Leiter Legal Tech, Hans Soldan GmbH

Der Flughafen San Francisco ist am Ankunftstag unserer kleinen Reise nicht gut personell besetzt. Eine Handvoll Zollbeamter kontrolliert bei der Einreise hunderte, gefühlt Tausende von Reisenden. Daher heisst es auch für unsere kleine Gruppe erstmal zu warten, bis wir durch die Passkontrolle kommen. Die Pässe und Fingerabdrücke werden minutiös kontrolliert. Meine 5 Flaschen Wein hingegen, die ich für unsere Gastgeber an der Stanford Law School mitgebracht habe und brav beim Zoll angebe interessieren überhaupt nicht, der Zollbeamte schaut nur kurz drauf und winkt mich durch. Nicht mal nachzahlen muss ich dafür.

Unser Bus bringt uns schließlich zum Hotel nach Mountain View direkt im Herzen des Silicon Valleys. Nach einem gemeinsamen Abendessen gilt es dann, sich an die Zeitumstellung zu gewöhnen, immerhin 9 Stunden sind es zwischen Kalifornien und Deutschland.

Nach mehr oder weniger erholsamen Schlaf geht es am nächsten Morgen direkt nach Stanford. Der Bus setzt uns an der Law School ab und wir begeben uns zu Fuß über den beeindruckenden Campus voller Palmen und spanisch-mediterran anmutender Gebäude zur Design-School, die mit Hilfe des SAP-Gründers Hasso Plattner quasi zum Herzstück der Innovationskultur auf dem Campus wurde.

Margaret Hagan, die uns durch die D-School führt, ist Law School Fellow und betreibt dort die Projekte, die sich um Innovation und Recht drehen. Mit Begeisterung und Hingabe zeigt Sie uns, wie in der D-School gearbeitet wird. Moderne große Räume erinnern mich an meinen alten Kunstraum an der Schule: überall sind große, mobile White Boards mit Skizzen und bunten Zetteln. Nicht nur die White Boards sind mobil, alle Möbel dort sind auf Rollen, so dass sie je nach Anforderung der einzelnen Kurse und Workshops genutzt werden können.

Durch eine große Glasfront beobachten wir Stanford-Studenten bei einem Projekt. Sie alle stehen um eine Präsentation und diskutieren. Margaret erläutert uns, dass es nicht üblich ist, in den Kursen zu sitzen, viel zu leicht gerate man dadurch in eine passive Rolle. Mitmachen, sich einbringen ist hier die Devise. Wir sehen Projekträume, in denen die Studenten an Projekten zur Armutsbekämpfung arbeiten. Skizzen uns Storyboards zeigen Ideen für solarbetriebene Hühnerfarmen, Prototypen von Kinderschuhen aus Recyclingmaterial, alles in einer konsequent auf Inspiration ausgelegten Umgebung, wie man sie in einem modernen Architekturbüro oder einer Werbeagentur antrifft.

Am Nachmittag bringt uns der Bus nach Palo Alto zu SAP, wo uns Jay Mandal, ebenfalls Stanford Fellow, durch die repräsentativen Räume des deutschen Softwareunternehmens führt. Er erzählt uns seine ganz eigene Gründergeschichte, die ihn von seinem Job als Anwalt bei Apple zur eigenen Gründung eines Legal Tech Start-ups, dessen späterem Verkauf bis hin zu seinem heutigen Job bei SAP geführt hat. Er ist indischer Abstammung, lebte mit seinen Eltern in einfachen Verhältnissen; so könne es gehen im Silicon Valley, sagt Jay.

Unser zweiter Tag in Stanford ist Konferenztag: Die FutureLaw Conference des CodeX Instituts von Roland Vogl, unserem sympathischen Gastgeber in Stanford, bietet uns ein buntes Spektrum an Legal Tech Themen. Besonders spannend war ein ganzes Panel über Legal Chat Bots, kleinen Programmen, die durch einfache Interviews rechtliche Hilfestellungen liefern. Mit wenigen Fragen füllen Sie bspw. Anträge für Immigranten, Stellungnahmen auf Verkehrsdelikte oder auch Briefe an Kranken- oder Sozialversicherung selbstständig aus. Dies soll helfen, den Zugang zum Recht zu vereinfachen und die oft schwierigen Formulare in verständlicher Sprache zugänglich zu machen.

Am nächsten Tag nahmen wir an einem Workshop mit verschiedenen Legal Tech Start-ups teil, die alle von ehemaligen CodeX Studenten oder Dozenten gegründet wurden:

  • Lexcheck (Textanalysesoftware, die Schriftsätze auf Inkonsistenzen prüft)
  • Stanford CompK project (Programmierte Verträge)
  • Beagle (Software zur Aufbereitung komplexer Vertragsinhalte und gemeinsamer Bearbeitung)
  • ArbiClaims  (Online-Konfliktlösung)
  • Casetext (Textauswertungssoftware, die passende Gerichtsentscheidungen findet)
  • Globality (B2B-Marktplatz für Dienstleistungen)

Die Unternehmer stellten sich ganz offen und interessiert all unseren Fragen und begleiteten uns anschließend in den Stanford Faculty Club zum Mittagessen, zu dem uns unser Gastgeber Roland Vogl eingeladen hatte.

Unsere Reisegruppe in San Francisco

Schließlich ging es am letzten Tag der Reise zurück nach San Francisco mit touristischem Programm: Nach einem geführten Spaziergang durch Fishermans Wharf fuhren wir mit dem Cable-Car direkt in die Stadt und konnten diese auf eigene Faust erkunden. Ein schönes gemeinsames Abendessen brachte die Gruppe abends erneut zu einem gemeinsamen Rückblick und angeregten Gesprächen zusammen, bevor man am nächsten Tag den Rückflug antrat.

Ich empfehle Ihnen auch die Lektüreder sehr lesenswerten Reisetagebücher von Markus Hartung (Bucerius Law School) und Markus Sauerwald (RWS-Verlag).