Nur ein Viertel der jungen Anwälte gründet heute eine eigene Kanzlei. Die überwiegende Mehrheit, rund 70 Prozent, wählen als Berufseinstieg die Festanstellung oder die freie Mitarbeit in einer bereits etablierten Kanzlei.
Das geht aus der Studie „Die junge Anwaltschaft: Ausbildung, Berufseinstieg und Berufskarrieren“ hervor, die das Soldan Institut pünktlich zum 66. Deutschen Anwaltstag vorstellt, der vom 10. bis 12. Juni in Hamburg stattfindet. Befragt wurden bundesweit mehr als 3.500 Junganwälte, die in den Jahren 2004 bis 2010 die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft erhielten. „Die Ergebnisse der Studie belegen einen tiefgreifenden Wandel in der Anwaltschaft“, sagt Prof. Dr. Matthias Kilian, Direktor des Soldan Instituts. „Immer weniger junge Anwälte wollen heute gleich das Risiko eingehen, eine eigene Kanzlei zu gründen.“
Bislang sei jedoch die Anstellung für Anwälte noch keine dauerhafte Beschäftigungsoption in Deutschland, hat Kilian ebenfalls festgestellt. Denn aus der Studie geht auch hervor,
dass nach acht Jahren Berufstätigkeit nur noch rund ein Drittel der Anwälte angestellt oder als freier Mitarbeiter in einer Kanzlei tätig war, mehr als 60 Prozent waren zu diesem Zeitpunkt allein oder mit Berufskollegen Inhaber einer Kanzlei. Zukünftig könnte sich allerdings der Trend zum angestellten Anwalt verfestigen. Der Grund dafür liegt darin, dass unter den neu zugelassenen Rechtsanwälten seit Kurzem erstmals die Frauen in der Mehrheit sind.
„Mehr als die Hälfte der jungen Anwältinnen möchte perspektivisch eine angestellte Tätigkeit beibehalten. Männer sind hingegen deutlich häufiger daran interessiert, Inhaber einer Kanzlei zu werden“, analysiert Kilian. Wird der anwaltliche Nachwuchs immer weiblicher, hat dies eine offensichtliche Konsequenz: Viele Kanzleien müssen das traditionelle Partnerschaftsmodell überdenken, um zukunftsfähig zu bleiben.
Ein weiteres bemerkenswertes Detail der Studie: 51 Prozent der angestellten Rechtsanwälte haben sich der Kanzlei, in der sie die Berufskarriere beginnen, zuvor über eine ausbildungsbegleitende Nebentätigkeit, ein Praktikum oder eine Tätigkeit als Referendar präsentiert und auf sich diese Weise empfohlen – Netzwerken und Werbung in eigener Sache wird für Rechtsanwälte in spe immer wichtiger.
Die Forschungsarbeiten zur jungen Anwaltschaft haben Tradition. Sie wurden in den 1980er Jahren vom langjährigen Co-Direktor des Soldan Instituts, Prof. Dr. Christoph Hommerich, begründet. Die aktuelle Studie ist mittlerweile die vierte. „Dadurch lassen sich Entwicklungslinien über mehr als 30 Jahre aufzeigen“, so Kilian.
Hinweise für die Redaktionen
Für die Studie „Die junge Anwaltschaft: Ausbildung, Berufseinstieg und Berufskarrieren“ sind 3.525 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte mit einer Berufserfahrung von eineinhalb bis achteinhalb Jahren differenziert befragt wurde. Die bislang umfangreichste Studie dieser Art in Deutschland untersucht den Arbeitsmarkt für Juristen, zeigt die generellen Charakteristika der jungen Anwaltschaft und ihre Qualifikationen auf und analysiert, wie sich der Übergang und der Einstieg in den Anwaltsberuf vollzieht. Eigene Kapitel befassen sich mit angestellten Rechtsanwälten, Kanzleigründern, freien Mitarbeitern in Anwaltskanzleien und Syndikusanwälten. Das 343-seitige Buch ist als Band 17 der Forschungsberichte des Soldan Instituts im Anwaltverlag, Bonn, erschienen und im Buchhandelt zu einem Preis von 15 EUR erhältlich (ISBN978-3-8240-5428-2)
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Über das Soldan Institut
Das Soldan Institut wurde 2002 als unabhängige Forschungseinrichtung gegründet. Ziel des von einem gemeinnützigen Verein getragenen Instituts ist die Erforschung der Strukturentwicklung der Anwaltschaft und der sich hieraus ergebenden Bedingungen für eine erfolgreiche und zukunftsorientierte Tätigkeit von Anwaltskanzleien. Das Institut betreibt eigene empirische Anwaltsforschung, deren Ergebnisse Rechtsanwälten, Institutionen der deutschen Anwaltschaft, politischen Entscheidungsträgern, Wissenschaftlern und einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Der gemeinnützige Trägerverein des Instituts wird von der Hans Soldan Stiftung, dem Deutschen Anwaltverein, der Bundesrechtsanwaltskammer und WoltersKluwer Deutschland unterstützt.