„Man muss das Einreichen von Schriftsätzen eigentlich neu lernen“

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Sabine Jungbauer ist geprüfte Rechtsfachwirtin und referiert seit über 15 Jahren zum Gebühren- und Prozessrecht. Auf dem Deutschen Rechts- und Notarfachwirttag in Leipzig, den Soldan vom 25.-27. Oktober zum achten Mal ausrichtet, wird Sie gemeinsam mit Ihrem Mann Werner Jungbauer zum Thema „EGVP/beA/De-Mail – Wie geht das? Elektronische Einreichung von Schriftsätzen, Anleitungen aus der Praxis“ referieren.

Welche Vorteile ergeben sich bei der Kommunikation über beA im Vergleich zum herkömmlichen E-Mail-Versand?

Sabine Jungbauer: Bei einem Versand via beA findet eine Verschlüsselung der Nachrichten statt, ohne dass der Nutzer hier selbst das Verschlüsseln „anschieben“ muss. Im Gegensatz zur herkömmlichen Mail, die häufig unverschlüsselt versendet wird, ist dies also ein echter Vorteil. Zudem ist die Nutzung der herkömmlichen E-Mail im elektronischen Rechtsverkehr nach ZPO und ERVV nicht zulässig.

Was muss beim Versand über das beA beachtet werden?

Sabine Jungbauer: Es gibt wirklich viele Punkte, die beim Versand via beA beachtet werden müssen. Eigentlich muss man das Einreichen von Schriftsätzen „neu lernen“. Neben der Beachtung von Formvorschriften bezogen auf die Signatur, dürfen nur zulässige Dateiformate eingereicht werden. Auch ist zum Beispiel  insbesonderes in Straf- und Bußgeldsachen zu prüfen, ob man überhaupt schon elektronisch einreichen darf. Aber es spielt auch eine Rolle „wer einreicht“. Das beA gilt gemäß § 130a Abs. 4 ZPO als sicherer Übermittlungsweg. Dabei bezieht sich der Begriff „sicher“ nicht auf die Technik, sondern vielmehr auf die Tatsache, dass der Empfänger einer Nachricht sicher darauf vertrauen darf, dass diese Nachricht vom Postfachinhaber selbst gesendet wurde, wenn der entsprechende VHN (vertrauenswürdiger Herkunftsnachweis) mit übersandt wird. Das geschieht aber nur dann, wenn der Anwalt mit seiner beA-Karte selbst an seinem Postfach angemeldet ist und selbst die Versendung der Nachricht durch Anklicken des Senden-Buttons anschiebt. Da dieser Vorgang ad absurdum geführt würde, wenn Mitarbeiter mit der Anwaltskarte im beA unterwegs sind, regelt § 26 RAVPV auch das Verbot der Weitergabe von Karte und PIN. Das sollte in jedem Fall beachtet werden.

Wie sieht es mit der weiteren Kommunikation über das EGVP aus, wenn jetzt das beA funktioniert?

Sabine Jungbauer: Der Betrieb des EGVP-Client wurde zum 04.10.2018 eingestellt. Der EGVP-Client wurde durch einen neuen Client ersetzt, der lediglich noch der Verwaltung empfangener Nachrichten dient; ein Support findet nicht mehr statt. Man sollte daher sicherheitshalber seine Post aus diesem Postfach exportieren und das Postfach löschen.

Können Gerichte denn De-Mail-Nachrichten empfangen?

Sabine Jungbauer: De-Mail-Nachrichten können von den Gerichten empfangen werden; es erfolgt eine Umwandlung mittels Gateway in eine OSCI-Nachricht. Will ein Gericht eine OSCI-Nachricht (der technische Standard, mit dem das EGVP funktioniert) an einen De-Mail-Empfänger versenden, wird die Nachricht ebenfalls mittels diesem Gateway umgewandelt. Die De-Mail-Adressen der Gerichte lauten: safe-ID des Gerichts@egvp.de-mail.de. 

De-Mail gilt ja ebenfalls als sicherer Übermittlungsweg – wo liegen denn die Unterschiede zum beA?

Sabine Jungbauer: De-Mail gilt nur dann als sicherer Übermittlungsweg, wenn der Absender bei Versand der Nachricht sicher im Sinne des § 4 Abs. 1 S. 2 De-Mail-Gesetz angemeldet ist und er sich die sichere Anmeldung gemäß § 5 Abs. 5 De-Mail-Gesetz bestätigen lässt. De-Mail kostet im B2B-Bereich „Porto“ pro Nachricht; es muss bei der Absendung darauf geachtet werden, dass mit hoher Sicherheitsstufe (absenderauthentifiziert) versendet wird. Ein großer Nachteil besteht aber sicherlich auch darin, dass De-Mail keine Rechtevergabe – ähnlich wie das beA – erlaubt. Anwälte müssen hier also alles selbst erledigen. Von daher können wir eigentlich froh sein, dass das beA nun endlich funktioniert, um die Pflicht aus § 174 Abs. 3 S. 4 ZPO zu erfüllen (Vorhaltung eines sicheren Übermittlungswegs für Zustellungen gegen Empfangsbekenntnis durch die Justizbehörden).

Das komplette Programm des Deutschen Rechts- und Notarfachwirttages sowie die Möglichkeit zur Anmeldung unter: www.soldan.de/akademie/veranstaltungen/rechtsfachwirttag